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Vereinigte Eisfabriken und Kühlhallen: Coole Lebensmittel

Tiefgekühltes Lagern von Lebensmitteln, Lebensmittelsicherheit und Nachhaltigkeit durch Solarstrom: Darüber sprach Roland Spitzhirn, Geschäftsführer der Vereinigten Eisfabriken und Kühlhallen in Wien, mit der Fachzeitschrift DIE ERNÄHRUNG.

Ihr Unternehmen produziert selbst keine Lebensmittel, bietet aber wichtige Unterstützung an. Wie genau sieht das aus?

Roland Spitzhirn: Die Vereinigten Eisfabriken vermieten Tiefkühl- und Kühllagerflächen. Als ein mehrfach zertifizierter Leitbetrieb der Branche lagern wir Waren in mehreren Hallen bei Temperaturen von bis zu minus 30 Grad Celsius. Faire Konditionen, Sonnenenergie und weitere nachhaltige Umweltmaßnahmen machen uns zum führenden Anbieter in bester Lage. Wir verfügen über eine Lagerkapazität von 15.000 Palettenplätzen in zwei Kühlhäusern und vier Tiefkühlhallen.

Die Vereinigten Eisfabriken und Kühlhallen feiern heuer das 125-Jahre-Jubiläum. Was ist das Erfolgsrezept?

Spitzhirn: Als führender Dienstleister für Tiefkühl- und Kühllagerung im Großraum Wien schauen wir seit jeher auf die bestmögliche Nutzung von Ressourcen, Flächen und Gebäuden und die Verbindung von Tradition und Zukunft. Sichere Lagerung, rasche Manipulation, effiziente Administration und eine hohe Qualität aller Dienstleistungen stehen an erster Stelle. Die Förderung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist eine wichtige Stütze für unser Ziel: eine flexible Reaktion auf Wüsche von Kundinnen und Kunden sowie die optimale Versorgung der Bevölkerung. Unser gemeinsames Wirken und Handeln zum Wohl aller erfolgt durch nachhaltige und umweltschonende Prozesse und Technologien.

Als führender Dienstleister für Tiefkühl- und Kühllagerung im Großraum Wien schauen wir seit jeher auf die bestmögliche Nutzung von Ressourcen, Flächen und Gebäuden und die Verbindung von Tradition und Zukunft.

Roland Spitzhirn, Geschäftsführer der Vereinigten Eisfabriken und Kühlhallen in Wien regGenmbH

Roland Spitzhirn, Geschäftsführer der Vereinigten Eisfabriken und Kühlhallen in Wien regGenmbH

Wie hat sich das Geschäftsfeld über die Jahrzehnte verändert beziehungsweise entwickelt?

Spitzhirn: Unser Unternehmen wurde 1898 von Gewerbebetrieben der Lebensmittelversorgung (etwa Fleischereien, Selchbetriebe, Gastwirte oder Cafetiers) gegründet. Für diese Betriebe war die Versorgung mit Natur- und Kunsteis das vorrangige Ziel. Nach dem Ersten Weltkrieg kam dann die Kohlensäureproduktion dazu, die Ende der 1980er-Jahre verkauft wurde. Zwischen 1939 und 1941 wurde mit dem ersten Tiefkühlhaus die Lagerung von Waren als Geschäftszweig begründet. Lange Zeit war die Produktion von Scherbeneis für die Lebensmittelkühlung sowie die Befüllung von Waggons ein wichtiges Standbein. Ab Beginn der 1990er-Jahre startete die Lagerung von Pharmaprodukten. Aktuell ist die Lagerung von tiefgekühlten Lebensmitteln für Produzenten, Großhandel und Einzelhandel sowie von Pharmagrundstoffen unser Hauptbetätigungsfeld.

Welche Branchen nutzen bevorzugt Ihr Angebot und welche Entwicklungen erwarten Sie?

Spitzhirn: Wir haben aktuell rund 150 Kundinnen und Kunden: Diese kommen aus der Pharmaindustrie, dem Lebensmittelgroß- und -einzelhandel, der Lebensmittelerzeugung, der Gastronomie und dem Tourismus. Durch die Änderungen im Konsumverhalten der Menschen – wie Zustelldienste, vegane Ernährung oder regionale Produkte – wird eine Lagerung vor Ort in der Region immer wichtiger. Dabei ist die Tiefkühlung auch aus nachhaltigen Aspekten, wie der vollständigen Verwendung von Lebensmitteln oder der Kreislaufwirtschaft, ein wichtiger Grundpfeiler.

Welche Kostenfaktoren sind bei Ihnen wesentlich? Können Sie Kosten weitergeben?

Spitzhirn: Neben den Aufwänden für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist der Energieaufwand beziehungsweise -verbrauch der wesentlichste Kostenblock. Wir sind bei der Reduktion unseres Energiebedarfs und der Schaffung größtmöglicher Autarkie seit rund zehn Jahren sehr erfolgreich. Beispielsweise konnten wir seit 2015 die zugekaufte Energiemenge um circa 40 Prozent reduzieren – etwa durch neue Technologien, Nutzung der Abwärme, Investitionen in die thermische Sanierung oder auch bei unseren Staplern sowie durch die Errichtung von großen Photovoltaik-Flächen. Leider ist es nicht möglich, die Belastungen durch die Inflations- und Energiepreissteigerungen alleine zu tragen. Wir mussten hier temporäre Preisanpassungen durchführen – dabei war und ist uns eine offene und partnerschaftliche Kommunikation sehr wichtig.

Welche Rolle spielt bei Ihrem Unternehmen Nachhaltigkeit?

Spitzhirn: Über allem steht mittlerweile die Nachhaltigkeit. Dabei geht es nicht um die heute engere Verwendung im Sinne von Umwelt- und Klimaschutz. Es geht einerseits um die ursprüngliche Bedeutung „eine längere Zeit anhaltende Wirkung“ und andererseits um die moderne, umfassende Bedeutung im Sinne eines „Prinzips, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen oder sich regenerieren und künftig wieder bereitgestellt werden kann“. Im Zentrum steht also die „Zukunftsfähigkeit“ beziehungsweise „Enkeltauglichkeit“.

Wir sehen Nachhaltigkeit als Zielbündel, das ökologische, soziale und ökonomische Ziele gleichermaßen anstrebt. Wirtschaftsorientierte Nachhaltigkeit, die eine betriebs- oder volkswirtschaftliche Stabilität meint, umweltorientierte Nachhaltigkeit, die Umweltgerechtigkeit identifiziert und sozialökologische Nachhaltigkeit, die ökologische und soziale Ziele definiert. Daher bekennen wir uns zu den 17 SDGs (Social Development Goals) der Vereinten Nationen.

Welche Maßnahmen setzen Sie – speziell bei der Energieversorgung?

Neben der eigenen Photovoltaik-Anlage auf unserem Gelände gewinnen wir Energie aus der Abwärme und arbeiten an Kältespeichern. Wir haben ein Projekt zum Energiebetrieb der Kühlaggregate unserer Kunden-LKW in Umsetzung und beschäftigen uns mit Energieversorgung aus Windkraft, um ganzjährig und auch nachts mit erneuerbarer Energie versorgt werden zu können.

Außerdem haben wir eine Energiegenossenschaft als Bürgerbeteiligungsgemeinschaft zur Errichtung von Photovoltaik-Anlagen – die Eisbärenpower – gegründet. Wir sind seit einigen Jahren klimaneutral, schützen Moorlandschaften im Karwendel oder Urwaldflächen beim Stift Altenburg und sind zertifiziert in Umwelt- und Energiemanagement, bei der CSR-Berichterstattung oder der Arbeitssicherheit.

Wir sind seit einigen Jahren klimaneutral, schützen Moorlandschaften im Karwendel oder Urwaldflächen beim Stift Altenburg und sind zertifiziert in Umwelt- und Energiemanagement, bei der CSR-Berichterstattung oder der Arbeitssicherheit.

Roland Spitzhirn, Geschäftsführer der Vereinigten Eisfabriken und Kühlhallen in Wien regGenmbH

Roland Spitzhirn, Geschäftsführer der Vereinigten Eisfabriken und Kühlhallen in Wien regGenmbH

Was passiert bei einem Stromausfall? Wie sind Sie vorbereitet?

Spitzhirn: Wir haben schon seit vielen Jahren ein mobiles, externes Notstromaggregat, das bei Bedarf angeschlossen werden kann. Aktuell sind wir in der finalen Installation eines fixen eigenen Aggregates, das uns für 72 Stunden einen Vollbetrieb gewährleisten kann. Zusätzlich werden bei einem Stromausfall – oder im schlimmsten Fall eines Blackouts – die Räume geschlossen gehalten und damit die Kälte über mehrere Tage gespeichert. Wir sind hier bei den Tiefkühllagerbetrieben ebenso Vorreiter wie bei Nachhaltigkeit und stimmen uns mit unseren Kundinnen und Kunden sowie über die Lebensmittelindustrie auch mit Handel, Logistik und Behörden ab.

Stichwort Mikrobiologie und Lebensmittelsicherheit: Wie lange können Lebensmittel sicher eingefroren bleiben?

Spitzhirn: Wir haben unterschiedlichste Lebensmittel eingelagert, aber es kommt natürlich auf den Flüssigkeitsgehalt und die Größe der Kontaktflächen an. Bei Einhaltung der optimalen Kühlkette ist eine Lagerung von 18 bis 24 Monaten möglich.

Haben Sie Tipps fürs private Tiefkühlen im Haushalt? Worauf ist zu achten?

Spitzhirn: Wenn etwas eingefroren wird, dann am besten in dafür vorgesehenen Behältnissen, wie Aufbewahrungsdosen oder Gefrierbeuteln. Außerdem die Behälter immer beschriften – etwa was der Inhalt ist und wann er eingefroren wurde. Die Lebensmittel sollten eher im Kühlschrank als bei Zimmertemperatur aufgetaut werden. Das Tiefkühlgerät sollte auch regelmäßig abgetaut werden. Und nicht vergessen: Flüssigkeiten dehnen sich beim Einfrieren aus.

Kürzlich wurde von einem Spezialtraining in einem Ihrer Tiefkühlräume berichtet. Können Sie dazu mehr erzählen?

Spitzhirn: Wir unterstützen seit einiger Zeit Rainer Predl – einen Ultraläufer – bei seinen Tests und Vorbereitungen für den Nordpolmarathon 2024. Er führt in unseren Räumen Trainingsläufe und Materialtests durch und ist dadurch beispielsweise schon draufgekommen, dass er in der extremen Kälte viel öfter und mehr Durst hat. Anfang Juli 2023 ist er in einem unserer Tiefkühlräume bei minus 28 Grad den ersten Marathon in einem Tiefkühllager gelaufen und hat dabei 782 Runden in knapp über 3 Stunden und 45 Minuten zurückgelegt. Dieses Projekt passt natürlich gut zu unserem Engagement in der betrieblichen Gesundheitsförderung, wo neben gesunder Ernährung gesundes Arbeiten – also etwa Heben und Tragen oder Staplerfahren – und sportlicher Ausgleich eine wichtige Rolle spielen.

Wie sehen Sie die Situation bei Arbeitskräften? Finden Sie genügend qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?

Spitzhirn: Die Arbeit in unseren Lagern ist aufgrund der Rahmenbedingungen per se nicht leicht, aber sehr viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind schon viele Jahre bei uns tätig. Der genossenschaftliche Ansatz des gemeinsamen Tuns und temperaturbedingte Gehaltszulagen helfen uns bei der Mitarbeiterbindung auch. Wir versuchen unsere Teammitglieder in vielen Bereichen ihres Lebens zu unterstützen und zu fördern und stehen diesbezüglichen Anforderungen oder Herausforderungen immer offen gegenüber.

Was ist Ihr Lieblingsessen?

Spitzhirn: Als gebürtiger Steirer schätze ich einen guten Erdäpfel-Vogerlsalat mit Kernöl, und ich esse gerne mediterrane Gerichte wie Pasta und Fisch oder Saltimbocca.

Weitere Informationen zum Unternehmen: Vereinigte Eisfabriken und Kühlhallen in Wien

Über Roland Spitzhirn

Mag. Roland Spitzhirn ist Geschäftsführer der Vereinigten Eisfabriken und Kühlhallen in Wien. Der Grazer hatte Führungsaufgaben bei der Tageszeitung Die Presse und der Österreichischen Post AG inne. Seit 2023 ist Spitzhirn Verbandsrat im Österreichischen Genossenschaftsverband Schulze-Delitzsch.

  • Dieses Interview stammt aus der Fachzeitschrift DIE ERNÄHRUNG, Volume 47, 05.2023. Die sechsmal jährlich erscheinende Fachzeitschrift informiert über aktuelle Entwicklungen bei Lebensmitteln in den Bereichen Wissenschaft, Recht, Technologie und Wirtschaft. Das gesamte Gespräch sowie Informationen zum Abo finden Sie hier: ernaehrung-nutrition.at.
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