Christoph Henöckl, der Geschäftsführer von Garant Tiernahrung, im Gespräch.

Foto: Raiffeisenzeitung, Pia Morpurgo

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Herkunft bleibt stets Zukunft

Was beschäftigt die österreichische Futtermittelbranche? Die Zeitschrift „Die Ernährung“ sprach mit Christoph Henöckl, Geschäftsführer der Garant Tiernahrung, über Erfolgsgeheimnisse, den Ruf nach Steuern und bleibende Werte.

Eine Frage vorab: Was macht die Garant Tiernahrung und wie sind Sie am Markt positioniert?

Christoph Henöckl: Unser Unternehmen ist 1995 aus den genossenschaftlichen Mischfutterwerken Aschach, Graz und Pöchlarn hervorgegangen. Die Raiffeisen-Gruppe hatte sich im Vorfeld des EU-Beitritts wettbewerbsfit gemacht und die Mischfutterproduktion in die neu gegründete Garant Tiernahrung GmbH ausgelagert. Heute sind wir klarer Marktführer in Österreich, stark regional verankert und über den Lagerhausvertrieb gut aufgestellt.

Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Unternehmens?

Henöckl: Ich denke, die Garant Tiernahrung hat eine herzeigbare Entwicklung genommen und ich bin dankbar, dass ich seit der Gründung Geschäftsführer dieses Unternehmens sein darf. Was ein Erfolg ist, müssten wir gesondert diskutieren. Marktgespür, ein gutes Team, konsequente Arbeit und Nutzung vorgefundener Möglichkeiten sehe ich nicht als Geheimnis an. Die Folge ist eine sehr positive Entwicklung der Unternehmenskennzahlen.

Welche Vor- und Nachteile hat der Standort Österreich aus Ihrer Sicht?

Henöckl: Aus dem Rückspiegel betrachtet, erkenne ich inzwischen mehr Vor- als Nachteile des Standorts Österreichs aus der Sicht der Futterbranche. Schauen Sie sich an, welch tolle Entwicklung die Unternehmen seit dem EU-Beitritt genommen haben. Viele oft auch von meiner Seite kritisch beurteilte Marketingprogramme, die vordergründig zu einer Zersplitterung des Lebensmittelangebotes mit oft schwer nachvollziehbaren Vorgaben in Sachen Fütterung und Haltung geführt haben, konnten zumindest mittelfristig eine erfolgreiche Österreichschiene im Lebensmitteleinzelhandel behaupten. Aus unserer Sicht muss ich allerdings immer wieder darauf hinweisen, dass in erster Linie ernährungsphysiologische Erfordernisse der einzelnen Spezies entscheidend sein sollten und nicht eine in der Öffentlichkeit gut klingende Vorgabe.

Aus dem Rückspiegel betrachtet, erkenne ich inzwischen mehr Vor- als Nachteile des Standorts Österreichs aus der Sicht der Futterbranche. Schauen Sie sich an, welch tolle Entwicklung die Unternehmen seit dem EU-Beitritt genommen haben.

Der Geschäftsführer von Garant Tiernahrung, Christoph Henöckl, im Porträt.

Christoph Henöckl, Geschäftsführer der Garant Tiernahrung GmbH

Was halten Sie von Zucker- und Fettsteuern oder Werbeverboten? Sind das Ansätze, die Ihrer Meinung nach gesellschaftliche Probleme wie Adipositas oder Bluthochdruck – meist im Zusammenhang mit mangelnder Bewegung – lösen können?

Henöckl: Definitiv nichts. Generell halte ich persönlich als freiheitsliebender Mensch nichts von der Bevormundung durch den Gesetzgeber. Meiner Kenntnis nach gibt es unzählige Studien, die belegen, dass die Gesundheitsprobleme unserer Zeit im Zusammenwirken vieler Faktoren begründet sind, aber nicht monokausal auf Fett, Zucker, Salz etc. zurückzuführen sind.

Über Werbeverbote könnte man mit mir reden, da ich mich inzwischen von Werbung belästigt fühle, speziell vom super nachhaltigkeitsgetriebenen Marketing mit wöchentlich kiloweisem farbig bedrucktem Papier, das kein Mensch braucht. Die preisliche Entwicklung mancher Produkte könnte auch hinsichtlich des Werbeaufwands hinterfragt werden. Gelegentlich würden manchen die Augen aufgehen, wenn sie erkennen, dass hinter vielen Produkten mehr „Kommunikationsaufwand“ als Rohwarenaufwand steckt.

Wie ist Ihre Reaktion als Unternehmen auf gesellschaftliche Trends wie vegan oder vegetarisch, glutenfrei beziehungsweise generell „free from …“?

Henöckl: Bestimmte Unverträglichkeiten spielen auch bei Nutztieren eine Rolle. Im Humanbereich halte ich manches für übertrieben und interpretiere das als Luxusproblem der Zeit. Hoffentlich berauben sich nicht zu viele Menschen ihrer Lebensqualität, indem sie zum Hypochonder mutieren. Toll, dass es ein Angebot gibt, und wenn es dann auch noch zu einem besseren Leben verhilft, ist alles bestens.

Wie wird in Ihrem Unternehmen mit dem Thema Nachhaltigkeit umgegangen?

Henöckl: Als in der Landwirtschaft verhaftetes Unternehmen ist die Nachhaltigkeit kein Mainstream-Thema für uns, sondern Selbstverständlichkeit im täglichen Tun. Die Nutzung von Kuppelprodukten aus der Lebensmittelerzeugung als Veredelungsstufe zu Mischfutter und tierischem Protein ist ein Beweis für die Kreislaufwirtschaft. Energieeffizienzprogramme in der Produktion, Logistikoptimierung in der Rohstoffzufuhr und Futterbelieferung unserer Kunden sind noch weitere Schlüssel für Nachhaltigkeit.

Wie gehen Sie mit immer wieder auftauchenden Themen der Lebensmittelsicherheit wie Glyphosat-Rückständen, mikrobiellen Problemen etc. um?

Henöckl: Sehr pragmatisch, indem zuerst einmal Untersuchungsserien gemacht werden, um den wahren Wert des Problems zu erkennen. Oft stellt sich dabei heraus, dass es sich um ein hochgespieltes Thema handelt. Aber natürlich gibt es eine erhöhte Sensibilität seitens des Einkaufes und der Rohwarenübernahme, wenn wir schlechte Witterungsperioden hatten, die beispielsweise auf Mykotoxine im Getreide schließen lassen.

Wie gehen Sie mit Werten um? Was bleibt, wie es ist? Was wird sich ändern?

Henöckl: Das freie bäuerliche Denken in Österreich wird bleiben. Was sich ändern wird, ist die Größe der Betriebe, und dadurch wird sich die Polarisierung am Markt verstärken. Spannend wird, ob wir unsere solidarische Tradition und das gängige Businessmodell weiterführen können, und zwar nicht aus Selbstlosigkeit oder um unser Klientel, das auch indirekt unser Eigentümer ist, zu schützen, sondern durchaus aus geschäftlichen Überlegungen.

Das freie bäuerliche Denken in Österreich wird bleiben. Was sich ändern wird, ist die Größe der Betriebe, und dadurch wird sich die Polarisierung am Markt verstärken.

Der Geschäftsführer von Garant Tiernahrung, Christoph Henöckl, im Porträt.

Christoph Henöckl, Geschäftsführer der Garant Tiernahrung GmbH

Wie können Sie derzeit diese Werte noch hochhalten?

Henöckl: Wir versuchen zu erklären, dass Entsolidarisierung die Branche auf Dauer international nicht wettbewerbsfähiger macht. Bedeutende Ökonomen sagen dem Genossenschaftsmodell gerade vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen eine große Zukunft voraus, denn globalisierte Einheiten haben das Problem, dass die Unternehmenswerte bei schwankenden Börsenkursen schnell ins Trudeln kommen. Das genossenschaftliche Prinzip mit einem Mindestmaß an Solidarität und Gemeinschaftssinn ist volks- und betriebswirtschaftlich stabiler und hat mehr Überlebenskraft als ein durchrationalisierter Konzern, der schnell sehr tief fallen kann.

„Herkunft aber bleibt stets Zukunft“ ist das Motto, das im Foyer des Garant-Hauses in großen Lettern steht. Wie zeigt sich dieser Zusammenhang in der alltäglichen Praxis von Garant?

Henöckl: Dieser weise Spruch vom deutschen Philosophen Heidegger untermauert unseren Respekt vor den Pionieren unseres Unternehmens und motiviert uns zugleich zu neuen Taten. In der Landwirtschaft gilt es, alles zu tun, um die eigene Bodengrundlage zu schützen. Unsere Herkunft und die Basis unseres Tuns zu erhalten, ist von zentraler Bedeutung. Dieses Ziel verfolgen wir heute mit modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen und den ressourcenschonendsten Methoden, um bestes Futter herzustellen. Wir agieren nicht nur als Bewahrer, sondern auch als Erneuerer. Dass Tradition und Innovation kein Widerspruch sein müssen, haben die Weinbauern in Österreich in den letzten Jahrzehnten gezeigt: Wie keine Generation vor ihnen achten sie auf die Qualität ihrer Böden und gleichzeitig auf die Qualität ihres Produkts. In dieselbe Richtung stoßen auch einige Bestrebungen in unserer Branche.

Was ist Ihr Lieblingsessen?

Henöckl: Das ist stimmungsabhängig und ändert sich nach Jahreszeit und Tätigkeit. Für einen guten Fisch, eine perfekte Pasta oder einen Bauernkrapfen, frisch aus dem Butterschmalz, nehme ich einiges in Kauf.

Weitere Informationen zum Unternehmen: garant.co.at

Über Christoph Henöckl

DI Christoph Henöckl ist Geschäftsführer der Garant Tiernahrung GmbH in Pöchlarn. Er startete seine Laufbahn in der Lebensmittelbranche bei Unilever – Kuner sowie im Produktmanagement für Bäckereiprodukte. Seit 1990 ist Henöckl in der Raiffeisen-Gruppe beschäftigt. Seit 1995 leitet er die Garant Tiernahrung. Henöckl ist Obmann des Verbands der Futtermittelindustrie, Mitglied im Fachverbandsausschuss im Fachverband der Lebensmittelindustrie und engagiert sich im Verband Europäischer Mischfutterindustrie (FEFAC) sowie bei ProDonau Österreich (PDA).

  • Dieses Interview ist die gekürzte Version eines Beitrags aus der Zeitschrift „Die Ernährung“, Volume 40, 2/2017. Die sechs Mal jährlich erscheinende Fachzeitschrift informiert über aktuelle Entwicklungen bei Lebensmitteln in den Bereichen Wissenschaft, Recht, Technologie und Wirtschaft. Das gesamte Gespräch sowie Informationen zum Abo finden Sie hier: ernaehrung-nutrition.at.

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