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Mit geschickten Handgriffen schnüren die Männer im blauen Overall ihre Sicherheitsschuhe. Den weißen Helm aufgesetzt, ein letzter Blick auf die Ausrüstung und dann geht es ins Innere der Hallstätter Salzberge. Die Gänge sind mit Laternen ausgeleuchtet. Die kalte Luft lässt den Atem sichtbar werden. Stahlbalken stützen das Gestein. Was beim Neuankömmling pure Ehrfurcht auslöst, ist für die Arbeiter Routine. Als Bergleute fördern Sie Tag für Tag kostbares Salz aus dem Herzen des Bergmassivs.
Doch wie kam das Salz überhaupt in die österreichischen Berge? Die Salzlager im Salzkammergut bildeten sich vor etwa 250 Millionen Jahren. Damals war die Erdoberfläche fast zur Gänze von Ozeanen bedeckt. Die Salzlagerstätten auf dem Festland entstanden großteils durch ihre Ablagerungen. Sie wurden später von Gesteinsschichten überdeckt und bei der Entstehung der Alpen mit ihren Deckschichten verfaltet. Die Ursprünge des Salzabbaus in Österreich reichen Jahrtausende zurück: Die Blütezeit der Salzproduktion begann rund 600 Jahre vor Christus. Der keltische Name für Salz war „hall“. Noch heute zeugen Ortsnamen wie Hallstatt, Bad Hall, Hallein oder Salzburg von der Bedeutung dieses Lebensmittels.
Je nach Gewinnungsmethode unterscheidet man drei Hauptarten von Salz:
Heute betreiben die Salinen Austria neben dem weltweit ältesten Salzbergwerk in Hallstatt noch die Salzbergwerke in Altaussee und Bad Ischl. Hier entsteht das sogenannte Siedesalz. Es wird aus Salzwasser aus dem Berg gewonnen und findet in zahlreichen Bereichen Verwendung: vom Speise- oder Pökelsalz für die Lebensmittelerzeugung, über Pharmasalz in der Medizin, Tablettensalz zur Wasseraufbereitung und Viehsalz und Lecksteine bis hin zum Industriesalz oder zum Streusalz auf den Straßen im Winter. Kaliumsulfat, ein Nebenprodukt der Salzherstellung, ist in der ökologischen Landwirtschaft als Dünger gefragt. Im Salzbergwerk Altaussee beherbergt darüber hinaus die einzige Abbaustätte für Steinsalz in Österreich. Dabei wird das Salz aus dem Berg gebrochen, vor Ort handverlesen und anschließend zerkleinert und vermahlen.
Die Produktion von Siedesalz erfolgt in mehreren Schritten. Zuerst werden die Salzvorkommen im Gestein lokalisiert. Mittels Kernbohrungen fördern Geologen rund 15 Kilometer Bohrkerne pro Jahr zu Tage. Sie prüfen die kleinen Zylinder Zentimeter für Zentimeter auf ihren Salzgehalt und erstellen auf dieser Basis ein 3D-Computermodell. Danach kommt schweres Gerät zum Einsatz: In die bis zu 800 Meter tiefen Bohrungen führen die Arbeiter ein doppelwandiges Rohr ein, pressen mit hohem Druck Wasser hinein und lösen so das Salz aus dem Gestein. Das salzhaltige Wasser – auch Sole genannt – wird abgepumpt und über ein Pipelinesystem in die Saline transportiert. Pro Jahr treten rund 4 Millionen Kubikmeter Sole diese Reise an, das entspricht etwa eineinhalb Mal dem Volumen der Cheopspyramide.
In der Saline strömt die Sole zusammen. Hier wird sie gereinigt, enthärtet (von Kalzium- und Magnesiumsalzen befreit) und anschließend so lange gesiedet, bis das Salz übrigbleibt. Früher wurde die Sole in großen Pfannen eingekocht – daher stammt der Name Koch- oder Siedesalz. Im Gegensatz zu damals kommt heute ein modernes Thermokompressionsverfahren zum Einsatz. In einem riesigen Kessel, dem Verdampfer, wird die Sole auf bis zu 120 Grad Celsius erhitzt. Die Zentrifuge trennt anschließend die Flüssigkeit vom Salz. Dieses kristallisiert laufend aus und sammelt sich als feuchter Brei am Boden an. Danach wird es getrocknet, sodass auf 100 Kilogramm Salz nur noch wenige Milliliter Wasser zurückbleiben.
Bild 1: In der Saline angekommen, sammelt sich die Sole in riesigen Becken – heute ist es möglich, Rohsole zu fast 100 % zu nutzen. Foto: Salinen Austria
Bild 2: Um neue Lagerstätten zu lokalisieren, prüfen Geologen die zu Tage geförderten Bohrkerne auf ihren Salzgehalt. Foto: Salinen Austria
Bild 3: Im Verdampfer kocht und brodelt die Sole und wird so zu Salzbrei – anschließend trennt eine Zentrifuge die Flüssigkeit vom Salz. Foto: Salinen Austria
Bild 4: Nach dem Siedeverfahren wird das Salz abtransportiert, veredelt und zu unterschiedlichen Spezialitäten weiterverarbeitet. Foto: Salinen Austria
Das so gewonnene Salz wird weiterverarbeitet und zu Salzspezialitäten für die unterschiedlichen Einsatzbereiche veredelt. Zur Verbesserung seiner Eigenschaften (zum Beispiel der Rieselfähigkeit) oder aus ernährungsphysiologischen Gründen können noch geringe Mengen anderer Stoffe hinzugefügt werden. Das sind zum Beispiel Mineralien und Spurenelemente – wie Natriumnitrit, Jod, Fluorid oder Folsäure. Um Jodmangel in der Bevölkerung entgegenzuwirken, wird Speisesalz in Österreich seit 1963 gesetzlich zwingend mit Jod angereichert (siehe Speisesalzgesetz). Darüber hinaus werden Salz beispielsweise Gewürze hinzugefügt, um dem Würzstoff eine besondere Note zu verleihen.
Für die Bergarbeiter im Salzberg ist in der Zwischenzeit der Arbeitstag zu Ende gegangen und sie nehmen den Weg zurück ins Tageslicht des Salzkammerguts. Wer sich auf ihre Spuren begeben will, hat in den Salzwelten von Hallein, Hallstatt und Altaussee die Chance dazu. Rund 400.000 Besucherinnen und Besucher wagen sich pro Jahr in die Tiefe der Salzberge, um Einblicke in die Salzgewinnung zu bekommen.
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