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Österreich verbraucht rund 90 Terawattstunden (TWh) Erdgas pro Jahr. Der größte Anteil – rund 40 Prozent – wird für die Industrie benötigt. Danach kommen die Energieversorgung mit rund 30 Prozent, die österreichischen Haushalte mit rund 20 Prozent und sonstige Anwendungen (rund 10 Prozent). Viele Industriezweige sind in hohem Maß auf Erdgas angewiesen. Darunter fällt auch die österreichische Lebensmittelindustrie.
Die Lebensmittelindustrie zählt zu den energieintensivsten Produktionszweigen in Österreich. Sie benötigt rund 3,5 TWh Erdgas pro Jahr, das entspricht rund 10 Prozent des jährlichen Gasbedarfs der gesamten Industrie. Erdgas wird in allen Bereichen der Erzeugung von Lebensmitteln, Getränken und Futtermitteln tagtäglich benötigt. Der Grund: Zahlreiche Produktionsprozesse sind energieintensiv beziehungsweise erfordern hohe Temperaturen. Erdgas wird etwa bei Verfahren eingesetzt, die Dampf, heißes Wasser, Hitze, Kälte oder Energie zum Kochen, Backen, Raffinieren oder Mahlen und Zerkleinern erfordern.
Industriezweig | Menge* | Prozent |
---|---|---|
Obst und Gemüse, Mühlen und Stärke | 87.465 | 28,2 |
Sonstige Nahrungsmittel | 57.790 | 18,6 |
Getränke | 42.223 | 13,6 |
Milchverarbeitung | 40.631 | 13,1 |
Back- und Teigwaren | 32.679 | 10,5 |
Schlachten und Fleischverarbeitung | 22.395 | 7,2 |
Öle und Fette (pflanzlich und tierisch) | 18.657 | 6,0 |
Futtermittel | 8.090 | 2,6 |
Menge: in Kubikmeter Erdgas für das Gesamtjahr
Quellen: Statistik Austria (Gütereinsatzstatistik 2020)
Mit 93,4 Prozent fließt der Löwenanteil des Erdgases in der Lebensmittelherstellung in Prozesswärme (siehe Nutzenergieanalyse der Statistik Austria für 2020). Beispiele für solche Prozesse, die dies erfordern, sind das Trocknen, Kochen, Backen oder Garen, das Mahlen und Zerkleinern sowie das Tiefkühlen oder Abkühlen von Zutaten, Lebensmitteln oder Futtermitteln. Weitere 6,1 Prozent werden für Raumtemperatur und Warmwasser verwendet sowie 0,25 Prozent für Standmotoren.
Insgesamt kommen fast vier Fünftel der erforderlichen Prozesswärme aktuell aus Erdgas, rund 10 Prozent aus Fernwärme und 6 Prozent aus Strom. Auch wenn viele Hersteller bereits die Energieeffizienz ausbauen, erneuerbare Energien zur CO2-Reduktion einsetzen oder die Abwärme nutzen: Alternative Energieträger liefern in der Regel erst einen Bruchteil der erforderlichen Energie. Gerade für konstante und unterbrechungsfreie Prozesswärme ist nach wie vor Erdgas notwendig und kann kurzfristig nicht ersetzt werden. Manche Produktionsverfahren erfordern das Erhitzen oder Abkühlen großer Mengen an Lebensmitteln, Futtermitteln oder Nutzwasser – zum Beispiel für die Reinigung von Anlagen. In solchen Bereichen ist Gas aufgrund seiner Energiedichte nicht rasch ersetzbar.
Die Produktion vieler Lebensmittel und Getränke – hier Brotlaibe auf einem Förderband – erfordert den Einsatz von Erdgas. Foto: Ded Mityay / Shutterstock
Wie beispielsweise die Energieversorgung zählt auch die Lebensmittelindustrie zu den versorgungs- und systemrelevanten Wirtschaftszweigen in Österreich. Sie stellt die Versorgung von Millionen Menschen mit hochwertigen Lebensmitteln und Getränken sicher. Ein russischer Gaslieferstopp infolge des Ukraine-Krieges hätte Auswirkungen auf die Nahrungsmittelherstellung. Wird nicht mehr ausreichend Gas geliefert, steht die Produktion von Lebensmitteln, Getränken und Futtermitteln still.
Bei Gasknappheit würden die privaten Haushalte vorrangig mit Gas beliefert werden, die Industrie hingegen müsste die Produktion verringern beziehungsweise im „Worst Case“ auch einstellen. Damit wäre die gesamte Lebensmittel-Lieferkette mit spürbaren Auswirkungen betroffen: von der Landwirtschaft über die Verarbeitung bis in die Regale des Lebensmittelhandels. Denn Erdgas ist beispielsweise auch ein wichtiger Rohstoff zur Herstellung von Düngemitteln beziehungsweise von Verpackungen (Glas, Karton, Aluminium usw.). Müssen Lieferanten oder andere Hersteller etwa ihre Produktion ebenfalls drosseln, trifft dies auch viele Produktionsprozesse für Lebensmittel, Getränke und Futtermittel.
Das europäische Ziel der Klimaneutralität erfordert mittelfristig eine Dekarbonisierung der Industrie. Als Zukunftshoffnungen gelten etwa Biogas oder grüner Wasserstoff. Bis solche Energieformen aber in der Lage sind, den industriellen Bedarf zu decken, braucht es noch Jahrzehnte. So lange wird Gas als Brückentechnologie in vielen Industrieprozessen unverzichtbar bleiben.
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