Eine Frau mit einem Lebensmittel in der Hand im Supermarkt.

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„Shrinkflation“ im Faktencheck

Im Zusammenhang mit veränderten Packungsgrößen wurde in Zeiten hoher Inflation von „Shrinkflation“ gesprochen. Was der Begriff bedeutet, was hinter der Änderung von Füllmengen steckt und wie man sie erkennen kann, erklärt dieser Beitrag.

Verpackung oder Preis bleiben gleich, der Inhalt wird weniger: Dieses Phänomen wurde in Zeiten hoher Inflation zuletzt als „Shrinkflation“ beschrieben. Doch werden Konsumentinnen und Konsumenten dadurch getäuscht? Warum Füllmengen geändert und wie diese gekennzeichnet werden müssen, lesen Sie hier.

Was heißt Shrinkflation? Und was ist damit gemeint?

Shrinkflation setzt sich aus den Wörtern „shrink“ (Englisch: Schrumpfen) und „Inflation“ (allgemeiner Preisanstieg) zusammen. Oft wird der Begriff bei Konsumprodukten verwendet, wenn sich die Füllmenge verringert, während die Verpackungsgröße und der Preis gleich bleiben. Konsumprodukte sind neben Lebensmitteln etwa auch Kosmetika, Haushalts- oder Hygieneartikel.

Medial wird Shrinkflation oft mit Verbrauchertäuschung gleichgesetzt. Das ist bei einer Änderung des Inhalts eines Produkts jedoch nicht automatisch der Fall. Denn die konkrete Füllmenge ist stets auf der Verpackung anzugeben und dort für die Konsumentinnen und Konsumenten ersichtlich. Unzulässig sind sogenannte „Mogelpackungen“. Darunter fallen in der Regel Verpackungen, die ohne nachvollziehbaren Grund nur zu zwei Dritteln befüllt sind. Verpackungen mit weniger als 50 Prozent Inhalt gelten jedenfalls als „Mogelpackung“.

Wie erkennen Verbraucherinnen und Verbraucher, wie viel Füllmenge in einer Verpackung tatsächlich enthalten ist und ob diese verringert wurde?

Die Füllmenge eines Lebensmittels muss gemäß EU-Lebensmittelinformationsverordnung verpflichtend auf der Lebensmittelverpackung angegeben werden. Anzuführen ist die sogenannte Nettofüllmenge, das bedeutet die enthaltene Menge des Produkts ohne Verpackungsmaterial. Wird ein Lebensmittel in eine Verpackung abgefüllt (beispielsweise in eine Glasflasche oder Kartonverpackung), muss genau jene Menge in die Verpackung gelangen, die als Nettofüllmenge aufgedruckt ist. Dabei sind nur geringe Abweichungen zulässig, die durch den Abfüllvorgang technisch entstehen können. Diese technische Minusabweichung darf bei einer genannten Nettofüllmenge zwischen 50 und 100 Gramm maximal 4,5 Gramm, zwischen 500 Gramm und 1 Kilogramm höchstens 15 Gramm betragen (Fertigpackungsverordnung). Eine solche Vorgabe garantiert den Verbraucherinnen und Verbrauchern, dass die deklarierte Nettofüllmenge auch tatsächlich in der Verpackung enthalten ist.

Die Nettofüllmenge muss deutlich sichtbar auf der Verpackung angegeben werden. Je nach deren Maße ist sie in einer Mindestschriftgröße von 2 bis 6 Millimetern anzubringen, um eine gute Lesbarkeit sicherzustellen. Sie muss im selben Bereich wie die Produktbezeichnung stehen und darf nicht durch andere Informationen verdeckt oder undeutlich gemacht werden. Wird die Füllmenge verringert, ist die reduzierte Menge wiederum verpflichtend auf der Verpackung anzugeben. Es gilt also: Ein Blick auf die deklarierte Füllmenge gibt Aufschluss, wie viel Inhalt die Verpackung konkret enthält.

Warum verringern Lebensmittelunternehmen den Packungsinhalt?

Von der Coronapandemie über klimabedingte Ernteausfälle bis zum Ukraine-Krieg: Durch verschiedenste Ereignisse stiegen die Kosten für Rohstoffe, Energie, Transport und Verpackungsmaterial ab 2021 zeitgleich im zwei- bis dreistelligen Prozentbereich. Die Preise für Erdgas hatten sich verzehnfacht, die Personalkosten um bis zu 20 Prozent erhöht. Die Inflationsrate kletterte schließlich auf den höchsten Wert seit 1975 (plus 11,2 Prozent im Jänner 2023). Dadurch konnten auch Lebensmittel und Getränke nicht mehr zu denselben Konditionen verkauft werden wie vor der Coronapandemie. Denn die Kosten entlang der Lebensmittelkette spielen – neben verschiedenen anderen Faktoren – für den Preis eines Lebensmittels eine wichtige Rolle.

Hersteller sind durch den starken Wettbewerb am Lebensmittelmarkt betriebswirtschaftlich gefordert, ihre Kosten durch interne Effizienzsteigerungen und Einsparungen laufend konstant zu halten oder zu senken. Nur so können sie sich am Inlandsmarkt oder im Export mit ihren Produkten preislich behaupten und das wirtschaftliche Bestehen des Unternehmens sichern. Unrentable Produkte werden eingestellt oder in ihrer Kostenstruktur angepasst, sofern das möglich ist.

Eine Option, um Kosten in der Praxis einzusparen, bietet der Umstieg auf gleich große Packungsformate: Werden Verpackungsgrößen innerhalb des Herstellersortiments vereinheitlicht, können sich Kostenvorteile beim Einkauf und in der Vorratshaltung von Verpackungsmaterialien sowie eine höhere Abfüllgeschwindigkeit und eine effizientere Palettenauslastung ergeben. Die dadurch genutzten internen Synergien können somit ein Grund für die Reduzierung der Produktfüllmenge sein.

Sind interne Kostenreduktionen ausgeschöpft, lassen sich Preisanpassungen in manchen Fällen betriebswirtschaftlich nicht vermeiden. Um das gewohnte Angebot an Lebensmitteln und Getränken trotz Kostensteigerung beizubehalten, kann etwa der Preis für die gleiche Menge an Produkt angehoben oder die Menge bei gleichem Preis verringert werden. Die erste Variante wird seitens der Abnehmer und Kunden selten befürwortet. Daher entschieden sich jüngst manche Unternehmen dafür, reduzierte Packungsgrößen zu gleichen Preisen anzubieten. In bestimmten Fällen wurden auch reduzierte Packungsgrößen zu höheren Preisen angeboten, wenn das betriebswirtschaftlich für Hersteller unvermeidlich war, um mit den in den Krisenjahren gestiegenen Produktionskosten zurecht zu kommen.

Die Teuerung geht zurück: Seit 2023 lässt die Teuerung nach. Sie hat sich von 11,2 Prozent im Jänner 2023 auf 3,5 Prozent im April 2024 reduziert. Bei Lebensmitteln liegt sie derzeit bei 3,2 Prozent (April 2024). Damit liegt die Inflation bei Lebensmitteln wieder unterhalb der allgemeinen Inflation, wie das vor der Coronapandemie regelmäßig der Fall war.

Eine Kundin mit vollem Einkaufswagen und einer Rechnung im Supermarkt.

Wenn Rohstoffpreise für Lebensmittel steigen, kann die Anpassung der Füllmenge notwendig werden. Foto: Stokkete / Shutterstock

Warum werden Verpackungen nicht sofort an die verringerte Füllmenge angepasst?

Wird die Füllmenge verändert, können die Packungsgrößen oft nicht gleich nachziehen. Denn neues Verpackungsmaterial anzuschaffen ist in der Regel mit langen Wartezeiten und vorgegebenen Mindestbestellmengen verbunden. Unternehmen haben daher für gewöhnlich Verpackungsmaterial auf Lager. Könnte dieses nicht weiterverwendet werden, müsste es bei jeder Füllmengenanpassung unmittelbar entsorgt werden. Die darin eingesetzten wertvollen Rohstoffe wie Aluminium, Glas, Papier, Karton oder Kunststoffe wegzuwerfen, hätte negative Auswirkungen für die Umwelt und würde wichtige Ressourcen verschwenden. Das Verpackungsmaterial kann jedoch nicht für jede Füllmenge verwendet werden – die Grenze zieht das Verbot von „Mogelpackungen“ wie oben beschrieben.

Bei manchen Produkten kann es technologisch erforderlich sein, auch Luft „miteinzupacken“, etwa um die gewünschte Konsistenz beispielsweise von Keksen oder Chips zu bewahren. Mehr dazu lesen Sie hier: Mythen-Check: Lebensmittelkennzeichnung

Wie lassen sich Füllmenge und Preis beim Einkauf leicht vergleichen?

Dafür gibt es einen einfachen Weg: Den Blick auf den Grundpreis. Dieser ist pro Kilogramm/Liter oder je 100 Gramm/Milliliter angegeben und muss am Regal ausgewiesen sein. So lässt sich schnell berechnen, wie viel welche Menge kostet und ob ein Produkt teurer geworden ist.

Im Zusammenhang mit „Shrinkflation“ fällt auch häufig der Begriff „Skimpflation“. Was damit gemeint ist und worin die Unterschiede liegen, erfahren Sie im Beitrag Was ist Skimpflation?.

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