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Insekten als Proteinquellen der Zukunft: In diesem Zusammenhang wird Novel Food häufig diskutiert. Dabei umfassen neuartige Lebensmittel viel mehr als Heuschrecken und Co. – die Bandbreite reicht von Algenöl bis zu UV-behandelter Milch. Doch was versteht man eigentlich unter neuartigen Lebensmitteln, also Novel Food? Welchen Verordnungen und Regelungen müssen diese entsprechen? Antworten auf Fragen wie diese finden Sie im folgenden Beitrag.
Novel Food bezeichnet neuartige Lebensmittel, die vor dem 15. Mai 1997 in der EU nicht in einem nennenswerten Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurden. Wegen ihrer besonderen Zusammensetzung, ihrer exotischen Herkunft oder dem Einsatz innovativer Herstellungsverfahren sind sie neu auf dem europäischen Markt. Häufig eröffnen diese Nahrungsmittel innovative Wege in der Herstellung.
Doch bevor neuartige Lebensmittel zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern gelangen, durchlaufen sie ein strenges Zulassungsverfahren in der EU: Ein Novel Food muss einer umfassenden Sicherheitsbewertung unterzogen werden – im Gegensatz zu herkömmlichen Lebensmitteln darf ein neuartiges Lebensmittel erst dann in der EU in Verkehr gebracht werden. Für die Zulassung relevant sind insbesondere die Sicherheit für die Konsumentinnen und Konsumenten, dass diese durch die Verwendung eines neuartigen Lebensmittels nicht irregeführt werden und dass Novel Food – im Vergleich zu herkömmlicher Nahrung – bei normalem Verzehr zu keinen Ernährungsmängeln führt.
Arganöl: Dabei handelt es sich um ein Speiseöl, das durch Kaltpressung der Kerne aus den Früchten des Arganbaums gewonnen wird. Foto: LARGANIER / Pixabay
Chiasamen oder Chiaöl: Chia ist das Samenkorn der Chia-Pflanze, welche ursprünglich in Zentralamerika heimisch ist. Aus Chiasamen wird zum Beispiel Chiaöl gewonnen. Foto: 4918394 / Pixabay
Mit Hochdruck pasteurisierte Fruchtzubereitungen: Statt dem allgemein üblichen Erhitzen werden solche Fruchterzeugnisse mit Hochdruck pasteurisiert. Foto: jarmoluk / Pixabay
Mit Phytosterinen oder Phytostanolen angereichertes Öl oder Streichfette: Phytosterine sind pflanzliche Fette, die in fetthaltigen, pflanzlichen Lebensmitteln vorkommen. Sie werden etwa für Margarine verwendet. Foto: silviarita / Pixabay
Noni-Produkte: Noni sind die Früchte des Nonibaums und stammen ursprünglich aus dem polynesischen Raum. Sie werden unter anderem zu Säften oder Pulver weiterverarbeitet. Foto: braico / Pixabay
Pflaumenkernöl: Dieses Öl wird als Würzmittel beispielsweise zum Verfeinern von Süßspeisen oder Gebäck verwendet. Foto: pixel2013 / Pixabay
UV-behandelte Pilze, Bäckerhefe, Brot oder Milch: UV-Licht kann nicht nur Mikroorganismen vernichten, sondern unter anderem auch den Vitamin-D-Gehalt von Brot erhöhen. Foto: congerdesign / Pixabay
Die Novel Food-Verordnung (EU) 2015/2283 legt Vorschriften für neuartige Lebensmittel fest. Sie löste mit 1. Jänner 2018 die bis dahin geltende Verordnung (EG) Nr. 258/97 zu neuartigen Lebensmitteln ab. In der Novel Food-Verordnung werden ganz allgemein Regelungen für das Inverkehrbringen neuartiger Lebensmittel in der Europäischen Union getroffen. Das umfasst unter anderem die Definition neuartiger Lebensmittel unter Anführung bestimmter Kategorien sowie Zulassungsverfahren für Novel Food.
Hinsichtlich der Zulassung neuartiger Lebensmittel werden zwei Verfahren unterschieden: Das „normale“ Verfahren und das „vereinfachte“ Verfahren für traditionelle Lebensmittel aus Drittländern – das sind Lebensmittel, für die eine Verwendungsgeschichte als sicheres Lebensmittel in einem Nicht-EU-Land nachgewiesen werden kann. Von der Verordnung grundsätzlich ausgenommen sind Aromen, Enzyme, Zusatzstoffe, genetisch veränderte Lebensmittel sowie Extraktionslösungsmittel zur Herstellung von Lebensmitteln. Für diese gelten eigene gesetzliche Regelungen.
Was genau macht neuartige Lebensmittel aus? Neben dem Stichtag 15. Mai 1997 sind sie in der Novel Food-Verordnung (EU) 2015/2283 in folgenden Kategorien definiert:
Aufgrund der Neuartigkeit von Novel Food muss das Lebensmittel vor dem ersten Inverkehrbringen auf dem EU-Markt auf seine Sicherheit geprüft sowie zugelassen werden. Der verantwortliche Lebensmittelunternehmer – in der Regel der Vertreiber oder Hersteller – muss die Sicherheit des neuartigen Lebensmittels belegen können. Dafür hat er bei der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA einen Antrag auf Prüfung seiner Bewertung einzureichen. Nach der Prüfung veröffentlicht die Behörde eine Stellungnahme. Diese bildet die Grundlage für die rechtlich verbindliche Entscheidung der EU-Kommission, ob das Novel Food auf dem EU-Markt verkauft werden darf.
Bevor ein neuartiges Lebensmittel in Verkehr gebracht wird, muss es von der Europäischen Kommission genehmigt werden. Ist das der Fall, wird das neuartige Lebensmittel in die Unionsliste zugelassener neuartiger Lebensmittel aufgenommen (Durchführungsverordnung [EU] 2017/2470). Die Zulassung eines neuartigen Lebensmittels kann auch auf bestimmte Lebensmittelkategorien beschränkt sein. Beispielsweise dürfen Chiasamen nur in bestimmten Lebensmitteln eingesetzt werden – darunter Broterzeugnisse und Backwaren, Frühstückscerealien, Milchprodukte oder vorverpackte Chiasamen als solche. Des Weiteren können spezifische Kennzeichnungsvorschriften, Höchstgehalte oder sonstige Anforderungen festgesetzt werden – etwa, dass ein Produkt für bestimmte Verbrauchergruppen nicht geeignet ist. Dabei stehen der Schutz der menschlichen Gesundheit und die Verbraucherinteressen im Vordergrund. Auch ein reibungslos funktionierender Binnenmarkt soll somit sichergestellt werden.
Haben Unternehmen durch die Bereitstellung neu gewonnener wissenschaftlicher Erkenntnisse oder Daten zur Zulassung des Lebensmittels beigetragen, so können sie eine exklusive Verwendung des Produktes für maximal fünf Jahre beantragen. Durch diese Datenschutzbestimmung werden Interessen von Unternehmen geschützt, die durch die Entwicklung neuer, kostenintensiver Produkte Innovationen im Lebensmittelbereich vorantreiben. Nach Ablauf von fünf Jahren dürfen die neuartigen Produkte von allen interessierten Unternehmen hergestellt und vermarktet werden.
Insekten gelten als neuartige Lebensmittel – sowohl ganze Tiere als auch Teile davon. Sie brauchen also eine Zulassung als Lebensmittel. Im Juni 2021 hat die EU-Kommission mit den getrockneten Larven des Mehlkäfers (Mehlwurm) das erste Insekt als Novel Food zugelassen. Seither wurde die Unionsliste der zugelassenen neuartigen Lebensmittel noch um weitere Insektenarten ergänzt: Wanderheuschrecke, Hausgrille/Heimchen und Larven des Getreideschimmelkäfers (Stand Mai 2024) dürfen unter bestimmten Bedingungen, etwa „getrocknet“ oder „pulverförmig“, als solche oder zur Verwendung in bestimmten Lebensmittelkategorien in Verkehr gebracht werden. Dabei sind vorgeschriebene Höchstgehalte zu beachten.
In den ersten fünf Jahren nach der Zulassung ist das Inverkehrbringen der zugelassenen Insektenarten grundsätzlich dem Unternehmen vorbehalten, das den Antrag gestellt hat. Am österreichischen Markt sind diese Insektenarten auch aufgrund einer Übergangsregelung geduldet, bis die EU-Kommission über alle Anträge zu diesen Insektenarten entschieden hat. Auch die Zulassung weiterer Insektenarten wird von der EU-Kommission geprüft.
Lebensmittel mit Insekten sind in Österreich Nischenprodukte. Werden Insekten eingesetzt, so müssen sie im Zutatenverzeichnis auch mit ihrem deutschen Namen angeführt werden, beispielsweise „gefrorene Locusta migratoria (Wanderheuschrecke)“. Somit können Verbraucherinnen und Verbraucher selbst entscheiden, ob sie Lebensmittel mit Insekten zu sich nehmen wollen.
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