Sie sind CEO der Ottakringer Getränke AG sowie seit 2024 Geschäftsführer der Ottakringer Brauerei GmbH. Wie fassen Sie das Vorjahr und das erste Halbjahr 2025 zusammen?
Markus Raunig: 2024 war für uns ein Jahr der Anpassung und Fokussierung: bewussterer Konsum, steigende Aktionsanteile im Handel und ein weiterhin hoher Wettbewerbsdruck haben den Markt geprägt. Wir haben mit Innovationen wie unserem Ottakringer Lager in der praktischen 11er Kiste gegengesteuert und gleichzeitig unsere Rolle als unabhängige „Wiener Stadtbrauerei“ und Nr. 1 in der Wiener Gastro gestärkt.
Im 1. Halbjahr 2025 sehen wir stabile Gastro-Partnerschaften, gute Resonanz auf leichtere sowie alkoholfreie Biere sowie Rückenwind durch unsere klare, unabhängige Positionierung.
Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell und in den nächsten Monaten?
Raunig: Die Branche beschäftigt vor allem der sinkende Bierkonsum sowie der hohe Kosten- und Margendruck. Zweiteres vor allem wegen der steigenden Ausgaben für Energie, Rohstoffe, Logistik und Personal. Zeitgleich können Preisanpassungen nur mit Augenmaß vorgenommen werden. Im Handel ist eine zunehmende Promotion-Intensität spürbar, der Aktionskauf wächst, was den Druck auf alle Marken weiter erhöht. Hinzu kommen regulatorische Themen, etwa die Einführung des Einwegpfandes auf Bierdosen und letztlich auch ein strukturell bewussterer Konsum, der zu verminderten Pro-Kopf-Verbräuchen führt. Zusammenfassend: Der Biermarkt ist aktuell wohl so herausfordernd wie selten.
Der Biermarkt ist aktuell wohl so herausfordernd wie selten.
Markus Raunig, CEO der Ottakringer Getränke AG und Geschäftsführer der Ottakringer Brauerei GmbH
Wie entwickelt sich der Biermarkt Ihrer Einschätzung nach derzeit?
Raunig: Am Gesamtmarkt ist ein leichter Rückgang im Inlandsbierausstoß über mehrere Jahre zu beobachten aufgrund der leicht sinkenden Reichweite und geringerem Pro-Kopf-Konsum der Konsumentinnen und Konsumenten. Die Effekte des Einwegpfandes auf Dosen beschleunigen aktuell diese Entwicklung – wir hoffen jedoch auf eine baldige Beruhigung des Trends.
Jedoch entstehen auch Chancen – das Interesse an leichteren Bieren (wie unserem Lager) und alkoholfreien Bieren wächst. Auch Regionalität spielt eine immer wichtigere Rolle.
Das Interesse an leichteren Bieren und alkoholfreien Bieren wächst. Auch Regionalität spielt eine immer wichtigere Rolle.
Markus Raunig, CEO der Ottakringer Getränke AG und Geschäftsführer der Ottakringer Brauerei GmbH
Wie reagieren Sie auf den Trend zu alkoholfreiem Bier? Welche Innovationen gibt es dazu von Ottakringer?
Raunig: Wir sind seit Jahren Pionier im alkoholfreien Segment, mit dem Null Komma Josef haben wir hier bereits 1991 den ersten Akzent gesetzt, und wir investieren weiter. Neu im Sortiment gibt es bei uns etwa den alkoholfreien Zitrone-Minze-Radler und parallel dazu schaffen wir moderne, leichtere Biere wie es eben das Ottakringer Lager (4,7 Prozent Alkohol) ist.
Zudem haben wir heuer die Initiative „Kenn dein Limit“ gestartet und setzen damit ein aktives Zeichen für einen bewussten Alkoholkonsum.
Ottakringer hat bei den World Beer Awards 12 Auszeichnungen gewonnen. Haben solche Awards Auswirkungen?
Raunig: Ja natürlich, denn sie erhöhen die Sichtbarkeit, Glaubwürdigkeit und animieren die Konsumentinnen und Konsumenten zum Probieren. 2024 konnten wir bei den World Beer Awards 13 Prämierungen einstreifen, darunter 3-mal Gold – ein starkes Signal Richtung Handel, Gastro sowie Konsumentinnen und Konsumenten. Besonders freut mich, dass wir diese Siegesserie heuer fortsetzen konnten, mit insgesamt 12 Auszeichnungen: 5 Goldmedaillen – unter anderem für das Ottakringer Lager – und 6 Silber- sowie einer Bronze-Auszeichnung.
Welche Maßnahmen setzt Ottakringer in puncto Nachhaltigkeit und was wird noch kommen?
Raunig: Mehrweg ist in diesem Kontext ein Dauerbrenner-Thema. Hier haben wir die innovative, praktische 11-mal-0,5-Liter-Mehrwegkiste letztes Jahr auf den Markt gebracht. Ziel ist es, den Konsumentinnen und Konsumenten damit Mehrwegflaschen einfacher und bequemer anzubieten – insbesondere in der Stadt.
Zudem setzen wir massiv auf den Ausbau erneuerbarer Energie, etwa mittels PV-Anlage mit Bürgerbeteiligung. Eine weitere erwähnenswerte Initiative ist letztlich unser Produkt „Wiener Original“: Hier setzen wir in der Produktion auf echte Wiener Braugerste, welche wir exklusiv auf 104 Hektar in Kooperation mit über 15 lokalen Landwirtinnen und Landwirten anbauen lassen. Unser Gruppenziel ist es, durch Qualität, Service und Innovation zu überzeugen und Menschen durch Freude an Getränken zu verbinden. Mit Fokus auf Umwelt, Qualität und Innovation streben wir an, die attraktivste Getränkegruppe Österreichs zu sein.
Unser Gruppenziel ist es, durch Qualität, Service und Innovation zu überzeugen und Menschen durch Freude an Getränken zu verbinden. Mit Fokus auf Umwelt, Qualität und Innovation streben wir an, die attraktivste Getränkegruppe Österreichs zu sein.
Markus Raunig, CEO der Ottakringer Getränke AG und Geschäftsführer der Ottakringer Brauerei GmbH
Welche Vor- und welche Nachteile sehen Sie im Standort Österreich?
Raunig: Wir verfügen in Österreich über eine hohe Qualität bei den Rohstoffen, in der Technik und der Ausbildung, zudem können wir innerhalb relativ verlässlicher Rahmenbedingungen agieren. Was sicher auch positiv hervorzuheben ist, ist eine starke Bier- und Gastronomiekultur.
Was uns vor Herausforderungen stellt, sind hohe Lohn- und Energiekosten, die Situation eines konzentrierten Handels und generell eine hohe Abgabenquote.
Was würden Sie sich für Ihr Unternehmen speziell und für die Lebensmittelindustrie generell von der Bundesregierung wünschen?
Raunig: Nicht mehr und nicht weniger als andere Branchen auch. Dazu gehören eine planbare Energie- und Abgabenpolitik, Bürokratieabbau und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen.
Was ist Ihr Lieblingsessen?
Raunig: Die Abwechslung machts – aber ich persönlich liebe alles, was zu einem gut gekühlten Bier passt. So wie die Wiener Wirtshaus-Klassiker, die in unserer kürzlich eröffneten Zapfmeisterei im ehemaligen Bermudabräu in der Wiener Innenstadt angeboten werden.
Weitere Informationen zum Unternehmen: Ottakringer Brauerei
Über Markus Raunig
Mag. Markus Raunig wurde 1973 in Villach geboren. Nach seinem BWL-Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien machte er Praktika in Malaysia, Südkorea und Kanada. Seit dem Jahr 2000 war er in unterschiedlichen Positionen bei Henkel AG & Co. KGaA beschäftigt. Seit 2022 ist Raunig CEO der Ottakringer Getränke AG sowie seit 2024 Geschäftsführer der Ottakringer Brauerei GmbH. Sein Fokus liegt dabei auf der Entwicklung von Führungskräften, der Optimierung von Geschäftsprozessen und der Implementierung nachhaltiger Strategien.
Dieses gekürzte Interview stammt aus der Fachzeitschrift DIE ERNÄHRUNG, Volume 49, 05.2025. Die sechsmal jährlich erscheinende Fachzeitschrift informiert über aktuelle Entwicklungen bei Lebensmitteln in den Bereichen Wissenschaft, Recht, Technologie und Wirtschaft. Das gesamte Gespräch sowie Informationen zum Abo finden Sie hier: ernaehrung-nutrition.at.
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