Christian Strasser ist Geschäftsführer der PET to PET Recycling Österreich GmbH.

Foto: Andi Bruckner (für PET to PET Recycling Österreich GmbH)

Verantwortung

„Wir müssen den Kreislauf bei PET-Flaschen schließen“

Jährlich wird im burgenländischen Müllendorf über eine Milliarde PET-Flaschen recycelt. Christian Strasser, Geschäftsführer von PET to PET Recycling, im Gespräch über nachhaltige Verpackung und Kreislaufwirtschaft.

Die Recyclinganlage für PET-Flaschen im burgenländischen Müllendorf gehört zu den modernsten Anlagen weltweit. Hier wird seit 12 Jahren Polyethylen­terephthalat – kurz PET – umweltgerecht wiederaufbereitet. Geschäftsführer Christian Strasser erklärt, was hinter diesem Gemeinschaftsprojekt führender österreichischer Getränkehersteller steckt.

Herr Strasser, im vergangenen Jahr wurden in der PET to PET-Anlage über eine Milliarde Flaschen wiederverwertet und so mehr als 25.400 Tonnen Material im Kreislauf erhalten. Welchen Beitrag leisten Sie damit für die Kreislaufwirtschaft bei Kunststoffen?

Christian Strasser: Mit PET to PET haben wir ein Vorzeigeprojekt aufgesetzt, das alle Beteiligten miteinschließt. Das sind die entsorgende Industrie als Abfallwirtschaft, die Produzenten sowie die Verbraucherinnen und Verbraucher. Wir stellen aus einem Abfallprodukt einen hochwertigen Sekundärrohstoff her. Dieser hat beinahe dieselben Eigenschaften wie Neuware und kann dadurch von den Produzenten gut eingesetzt werden. Der Kreislauf schließt sich, wenn die Konsumentinnen und Konsumenten ihre PET-Flaschen in den richtigen Sammelbehälter – die Gelbe Tonne oder den Gelben Sack – geben.

Jede PET-Flasche ist ein wertvoller Rohstoff. Aktuell werden in Österreich drei von vier Flaschen umweltgerecht gesammelt und recycelt. Damit zählen wir europaweit zu den Vorreitern. Was braucht es, um einen noch besseren Wertstoffkreislauf zu realisieren?

Strasser: Das Sammelniveau in Österreich ist bereits sehr hoch, es besteht aber natürlich noch Potenzial nach oben. Mit unserer Recyclinganlage haben wir alle Voraussetzungen dafür geschaffen, den Kreislauf nahezu vollständig zu schließen. Dafür benötigen wir die gebrauchten Verpackungen. Die Konsumentinnen und Konsumenten sind gefragt, diese richtig zu sammeln. Denn nur dann hat die Flasche eine Chance, dass sie wieder zu einer neuen Flasche wird.

Warum ist es so wichtig, dass PET-Flaschen getrennt gesammelt werden?

Strasser: Gebrauchte PET-Flaschen sind die einzige Quelle für hochwertiges Rezyklat. Aus diesem können neue Flaschen, Textilfasern, Polyesterfolien oder ähnliches entstehen. Die nachhaltigste Lösung ist aber, daraus im Sinne des Bottle-to-Bottle-Kreislaufs wieder PET-Flaschen herzustellen. Landet eine PET-Flasche jedoch im Restmüll, so gelangt sie in Österreich in eine thermische Verwertung – dann ist sie aus der Nutzungskette draußen. Das ist die negativste Form, wie der Wertstoff genutzt werden kann. Unsere Philosophie ist, den Stoffkreislauf so gut es geht zu schließen und dabei die Nutzungszeit von PET zu verlängern – so lange das technisch und wirtschaftlich möglich ist.

Eine leere Flasche darf nicht als Abfall betrachtet werden. Bei PET to PET sind wir über jede Flasche froh, die retour kommt, denn nur diese können wir wiederaufbereiten. Für einen nachhaltigen Kreislauf müssen die Konsumentinnen und Konsumenten mit uns an einem Strang ziehen.

Christian Strasser ist Geschäftsführer der PET to PET Recycling Österreich GmbH.

Christian Strasser, Geschäftsführer der PET to PET Recycling Österreich GmbH

Die Recyclinganlage im Burgenland gilt als internationales Vorzeigemodell. Aus gebrauchten PET-Flaschen werden Flakes oder Granulat hergestellt. Wie funktioniert dieser Prozess – und was macht ihn besonders?

Strasser:  Im ersten Schritt werden die in die PET to PET-Anlage angelieferten Flaschen sortiert und kontrolliert. Danach werden sie zu kleinen Stückchen verarbeitet und heiß gewaschen. So entstehen die sogenannten Flakes – kleine, flache PET-Flocken. Diese sind schon in vielen Anwendungen verwertbar – zum Beispiel für Fasern von Textilien. Sie sind aber auch die Basis für zwei weitere Verfahren, die wir in Müllendorf nutzen, um lebensmitteltaugliches Rezyklat herzustellen.

Für den Einsatz bei der Herstellung von Getränkeflaschen muss das Rezyklat höchste Lebensmittelstandards erfüllen. Mit welchen Verfahren wird das in Ihrer Anlage gewährleistet?

Strasser: Wir arbeiten zum einen mit der URRC-Methode (United Resource Recovery Corporation) und zum anderen nutzen wir das österreichische Starlinger-Verfahren. Beide Prozesse haben ihre Vor- und Nachteile. Wir haben herausgefunden, dass wir den besten und größten Rezyklat-Anteil erhalten, wenn wir beide mischen.

Das URRC-Verfahren ist ein chemisch-physikalischer Prozess, der das Material sehr intensiv, aber schonend reinigt, ohne es einzuschmelzen. Mit diesem Verfahren werden lebensmittelechte Flakes gewonnen. Beim Starlinger-Verfahren wird das Recyclingmaterial eingeschmolzen, filtriert und wieder granuliert. Es wird der Neuware für PET-Flaschen dadurch sehr ähnlich und lässt sich damit angenehm weiterverarbeiten.

Wer legt die Lebensmitteltauglichkeit fest?

Strasser: Dafür ist die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zuständig. Diese prüft, ob Verfahren dazu geeignet sind, Lebensmitteltauglichkeit zu erreichen und ob sie die Reinheit der Materialien garantieren können. Jedes in Österreich oder Europa eingesetzte Verfahren muss von der EFSA zugelassen sein. Die Verfahrensbedingungen werden auch wirklich auf Herz und Nieren geprüft.

Aus alten PET-Flaschen entsteht in der PET to PET Recyclinganlage im Burgenland Granulat für neue Flaschen.

Kreislauf schließen: Aus alten PET-Flaschen entsteht in der PET to PET Recyclinganlage im Burgenland Granulat für neue Flaschen. Foto: Andi Bruckner, www.andibruckner.com, 0664/1144102

Wo steht Österreich im Europavergleich mit der eingesetzten Technologie für den Recycling-Kreislauf bei Getränkeflaschen?

Strasser: Ich denke, wir können stolz sein, denn wir sind wirklich ganz weit vorne. Gerade im Getränkebereich gibt es wenige Märkte, die einen vergleichbar hohen Rezyklat-Anteil haben wie Österreich. Bei Getränkeflaschen liegen wir schon seit Jahren bei mehr als 30 Prozent und damit über den EU-Zielen für 2025 (25 Prozent). Dafür investieren wir laufend in die Qualität unserer Anlage. Wir achten darauf, auch technologisch immer am neusten Stand zu sein. Nur so können wir diese Spitzenposition weiter ausbauen.

Was waren die Meilensteine von PET to PET und welche Neuerungen planen Sie für die Zukunft?

Strasser: Seit dem Bau der PET to PET-Recyclinganlage 2006 schauen wir intensiv, wo wir uns verbessern können. Wir haben mit der Waschanlage und dem URRC-Verfahren begonnen und gesehen, dass das sehr gut funktioniert. Vier Jahre danach kam die Granulierungsanlage – und 2012 haben wir in eine eigene Siloanlage investiert und damit unsere Logistik verbessert. Aufgrund der steigenden Ansprüche haben wir unser Qualitätsmanagement neu aufgestellt und vergangenes Jahr ein neues Labor errichtet. Wir setzen immer wieder Schritte, damit wir die Getränkeindustrie besser und mit noch mehr Material versorgen können. In Zukunft planen wir, das Unternehmen weiter zu vergrößern und die Kapazitäten auszubauen.

Wir verbessern laufend die Technologie und die Prozesse. Mit unseren Investitionen tragen wir zu einer lückenlosen und ressourcenschonenden Wiederverwertung von PET-Flaschen bei.

Christian Strasser ist Geschäftsführer der PET to PET Recycling Österreich GmbH.

Christian Strasser, Geschäftsführer der PET to PET Recycling Österreich GmbH

Bis 2025 sollen laut dem EU-Kreislaufwirtschaftspaket 50 Prozent der Kunststoffe in der Europäischen Union recycelt werden. Ist dieses Ziel aus Ihrer Sicht realistisch?

Strasser: Ja, aus meiner Sicht ist das realistisch und ich stehe auch voll hinter diesem notwendigen Ziel. Aber es muss noch viel getan werden – denn dieses Ziel lässt sich nicht im Vorbeigehen erreichen. So wie wir heute Verpackungen und Kunststoffe nutzen, ist das absolut nicht in Ordnung. Wir verwenden einen Werkstoff, der eigentlich dafür gedacht ist, für Jahre zu bestehen und seine Eigenschaften zu behalten, nur ein paar Tage. Dann verbrennen wir ihn. Das ist nicht nachhaltig. Daher müssen wir uns etwas überlegen, je schneller desto besser. Auch wenn die Ziele sehr hochgesteckt sind – wir haben gar keine andere Chance.

Wie sehen Sie europäische Richtline zu Einwegkunststoffprodukten?

Strasser: Die Single-Use Plastics Strategy gibt genau vor, welchen Recycling-Anteil Getränkeverpackungen bis 2025 haben müssen – und das ist auch gut so. Bei allen anderen Kunststoffen im EU-Kreislaufwirtschaftspaket ist das leider nicht so klar definiert. Bis 2025 müssen sämtliche in Verkehr gesetzte Verpackungen recyclingfähig sein und 50 Prozent tatsächlich recycelt werden. Es gibt jedoch keine Verpflichtung und es fehlen die Rahmenbedingungen dazu. Im schlimmsten Fall haben wir einen großen Berg an Rezyklaten, aber niemand fühlt sich angesprochen, diese einzusetzen.

Auch in Österreich rückt das Thema Kreislaufwirtschaft immer stärker ins Zentrum der politischen Debatte. Welche Herausforderungen sehen Sie? Und was wünschen Sie sich?

Strasser: Wir müssen darauf schauen, in Österreich das Optimum herauszuholen – im Sinne einer volkswirtschaftlichen Entwicklung. Diskussionen über Zwangspfand oder ähnliches sollten gut überlegt werden. Wir haben seit 25 Jahren ein gut aufgesetztes und gelerntes Sammelsystem, mit dem wir sehr gut umgehen können. Da stellt sich die Frage, wie sinnvoll der teure Ausbau des Pfandsystems ist. Letztendlich werden die Kosten ja dann auch von den einzelnen Konsumentinnen und Konsumenten getragen. Ich denke es wichtig, mit Augenmaß die richtigen Rahmenbedingungen für das Funktionieren der Kreislaufwirtschaft zu schaffen.

Weitere Informationen zum Unternehmen: www.pet2pet.at

Über Christian Strasser

DI Christian Strasser ist seit 2006 Geschäftsführer der PET to PET Recycling Österreich GmbH. Zuvor war Strasser technischer Leiter bei der Ottakringer Brauerei AG. Er hat an der TU Wien Maschinenbau und Betriebs­wissenschaften studiert.

  • Interview mit DI Christian Strasser, Geschäftsführer der PET to PET Recycling Österreich GmbH (Oktober 2019)

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