Thomas Schmiedbauer, Geschäftsführer von Wiesbauer, im Interview.

Foto: Wiesbauer

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„Beim Fleisch zählen Qualität und Genuss“

Was macht öster­reichische Würste zu ge­fragten Schmankerln? Die Zeitschrift „Die Ernährung“ sprach mit Thomas Schmied­bauer, Geschäfts­führer von Wiesbauer, über seine Unternehmens­philosophie, Tierwohl und Genuss.

Wiesbauer ist ein österreichisches Traditionsunternehmen. Welche Philosophie steht dahinter?

Thomas Schmiedbauer: Unsere Philosophie wird seit drei Generationen überliefert, von mir aus Überzeugung gelebt, und ich versuche auch, sie laufend auszubauen. Das Wichtigste ist der gute Geschmack und der Genuss, niemals die Masse. Um das zu erreichen, sind Qualität und Kontinuität die wichtigsten Vorgaben. Umsatz um jeden Preis war und wird niemals unser Begehr sein. Wir sind in Wien mit dem Wurstproduktionsbetrieb Wiesbauer bekannt geworden und national, aber auch in Deutschland ein wesentlicher Botschafter für den Genuss aus Österreich.

Das Wichtigste ist der gute Geschmack und der Genuss, niemals die Masse. Um das zu erreichen, sind Qualität und Kontinuität die wichtigsten Vorgaben.

Thomas Schmiedbauer, Geschäftsführer von Wiesbauer, im Interview.

Thomas Schmiedbauer, Geschäftsführer der Wiesbauer Österreichische Wurstspezialitäten GmbH

Ihr Familienunternehmen hat sich breit aufgestellt. Welche verschiedenen Standorte und Produktlinien gibt es derzeit?

Schmiedbauer: Bei Wiesbauer Gourmet beliefern wir circa 2.500 Gastronomiebetriebe mit Fleisch- und Wurstprodukten sowie vorbereiteten Schmankerln und sind als Dienstleister somit der verlängerte Arm und Problemlöser für den Chefkoch. In Saalbach Hinterglemm führen wir mit 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen auf Würstelproduktion spezialisierten Betrieb. Seit 1995 haben wir auch in der Nähe von Györ einen Betrieb, mit dem wir den ungarischen Markt mit derselben Philosophie wie in Österreich beliefern. Weiters betreiben wir im Raum Wien und Umgebung zehn Filialen (Bistro & Shop), wo wir viel Erfahrung im Umgang mit Kunden, aber auch mit Geschmack und Qualität sammeln, um uns weiterzuentwickeln.

Wie wichtig ist der Standort Österreich und was braucht es aus Ihrer Sicht, um diesen zu stärken?

Schmiedbauer: Wir schätzen den Standort Österreich und hoffen, dass die Bürokratie nicht überhandnimmt. Appellieren können wir nur an die Politik, das Thema Bildung und Ausbildung stark zu unterstützen beziehungsweise voranzutreiben. Denn das wahre Probleme der Gegenwart und der Zukunft ist, für unsere Jobs Lehrlinge oder Arbeitskräfte zu bekommen.

Wie hoch ist der Exportanteil in Ihrem Unternehmen?

Schmiedbauer: Wir haben einen Exportanteil im Wurstbetrieb von mehr als 50 Prozent, somit sind wir mit über 50 Mio. Euro Exportumsatz der größte Wurstexporteur Österreichs.

Welchen Stellenwert hat aus Ihrer Sicht Innovation? Wie gehen Sie damit um?

Schmiedbauer: Innovation hat uns zu dem gemacht, was wir heute sind. Auch wenn es schwierig ist, das Wurstrad der Zeit neu zu erfinden, gibt es auch Innovationen im Bereich Verpackung, Umweltschutz und bei vielen weiteren Themen. Wir dürfen nie aufhören, in anderen Dimensionen zu denken. Daher haben wir immer wieder auch trotz der bestehenden Vielfalt neue Schmankerl, wie die Wiener Prater Stelze oder unsere Sous-vide-Artikel (Anmerkung: sous-vide = vakuumgegart), entwickelt.

Wie hat sich Ihre Sous-vide-Linie entwickelt? Wird es da weitere Produkte geben?

Schmiedbauer: Das Sous-vide-Programm ist bereits ein kleiner Teil im Fixsortiment der Handelsketten und hat sich sehr gut entwickelt: vom Flinken Gansl bis zu den Spareribs und den geschmorten Rinderbacken. Wiesbauer denkt permanent über Wege nach, wie man den Konsumentinnen und Konsumenten Zugänge in die Gourmet-Küche für Zuhause eröffnen kann, ohne dabei unbedingt viel Zeit und Können anwenden zu müssen. Wir haben gerade einen neuen Sous-vide-Schinken auf den Markt gebracht, der einzigartig im Geschmack ist und ein weiteres Mosaiksteinchen in der Genusswelt darstellt.

Innovation hat uns zu dem gemacht, was wir heute sind. Auch wenn es schwierig ist, das Wurstrad der Zeit neu zu erfinden, gibt es auch Innovationen im Bereich Verpackung, Umweltschutz und bei vielen weiteren Themen.

Thomas Schmiedbauer, Geschäftsführer von Wiesbauer, im Interview.

Thomas Schmiedbauer, Geschäftsführer der Wiesbauer Österreichische Wurstspezialitäten GmbH

Derzeit wird Fleischkonsum wieder sehr kontrovers diskutiert – aber nicht aus Ernährungssicht, sondern aus Gründen des Klimaschutzes. Wie sehen Sie die Diskussion?

Thomas Schmiedbauer: Der Klimaschutz ist wichtig, und so arbeiten Betriebe wie Wiesbauer ständig an Themen wie Energieeffizienz, Verpackungskonzepten (Folienreduktionen, Entsorgungsthemen etc.) und vielem mehr. Leider wird das alles aber immer nur sehr einseitig am CO2-Ausstoß gemessen, wodurch teilweise ein falsches Licht auf die Branche fällt.

Wird die Zukunft in Fleischersatz-Produkten aus pflanzlichem Eiweiß oder gar aus Insekten liegen?

Schmiedbauer: Sicherlich wird es Entwicklungen in Richtung von Fleischersatzprodukten geben. Jedoch wird der wahre und einzige Genuss immer in Fleisch und Fleischprodukten liegen. Ich denke, dass die konsumierten Mengen sicherlich zurückgehen werden und vermutlich auch zurückgehen sollen. Es macht keinen Sinn, täglich billig zu viel zu essen. Vielmehr sollte es (zumindest in unseren Breiten) die Philosophie sein, Fleisch und Wurstwaren zu genießen, dafür aber nur mehr zwei bis drei Mal pro Woche.

Videotipp: So wird die Wurst gemacht

Zerkleinern, würzen, verpacken: Wie Wurstprodukte entstehen, erfahren Sie in diesem Video am Beispiel der Firma Wiesbauer. Im ersten Schritt wird das rohe Fleisch zerlegt. Mittels Analysen wird der Fettgehalt festgestellt. Danach wird das Rohmaterial im sogenannten Kutter zur Wurstmasse verarbeitet. Das Fleisch wird noch weiter zerkleinert und mit den restlichen Zutaten und Gewürzen vermengt. Im nächsten Schritt bringt der Fleischwolf die Masse auf die gewünschte Körnung, die später für das Schnittbild der Wurst verantwortlich ist. Der Füllprozess geschieht unter Vakuum, so kommen keine Luftblasen in die Wurstmasse. Diese wird dann portionsweise abgefüllt und abgeklippt. Die Würste werden auf Selchwägen aufgehängt, über Buchenholz geräuchert, durcherhitzt und kommen danach in den Klimareiferaum zur Abtrocknung. Bei Wurst-Aufschnitten folgt der Sliceprozess: Hier werden die Spezialitäten unter Reinraumbedingungen mit computergesteuerten Hochleistungsschneideanlagen fein aufgeschnitten und abgepackt. Foto: agnormark / Adobe Stock; Video: Wiesbauer Österreichische Wurstspezialitäten GmbH

Sind aus Ihrer Sicht Herkunft und Regionalität Aspekte, für die Konsumentinnen und Konsumenten einen Mehrpreis bezahlen?

Schmiedbauer: Natürlich gibt es Konsumentinnen und Konsumenten, die bereit sind, dafür einen Mehrpreis zu bezahlen, aber das wird definitiv eine kleine Minderheit sein. Allgemein wird dieses Thema unterschätzt und geglaubt, dass die Umsetzung sehr einfach ist. In der Praxis jedoch stellt es jedoch einen gewaltigen Aufwand für die Hersteller dar. Wir haben bei Wiesbauer eine Kundenhotline eingerichtet, über die jederzeit Infos bezogen werden können.

Wie sehen Sie die Diskussion zum Tierwohl? Muss da noch mehr passieren und weitere Kontrollen oder Siegel eingeführt werden?

Schmiedbauer: Es wird in Österreich seitens der Landwirte und Schlächter sehr viel gemacht. Hier ist eher das Thema, dass öfter gelten muss: „Tue Gutes und rede darüber!“. Als Produzent kann ich dazu nur die Aufforderung an unsere Lieferanten weitergeben, aktiv Aufklärung zu betreiben. Gerne können wir die Infos dann ebenfalls weitergeben. Einige solcher Lieferantenkooperationen finden Sie bereits auf wiesbauer.at. Weitere Siegel und Kontrollen sind absolut nicht notwendig, da sich der Konsument sonst in diesem Siegelfriedhof nicht auskennen wird und das nur zu zusätzlichem Aufwand und Kosten führt.

Was ist Ihr Lieblingsgericht?

Schmiedbauer: Auch wenn ich ein Fleischtiger bin, möchte ich eine gute österreichische Nachspeise wie einen Kaiserschmarren nicht vermissen.

Weitere Informationen zum Unternehmen: wiesbauer.at

Über Thomas Schmiedbauer

Thomas Schmiedbauer ist seit 2010 Vorstandsvorsitzender der Wiesbauer Holding AG und seit 2006 Geschäftsführer der Wiesbauer Österreichische Wurstspezialitäten GmbH. Nach seiner Ausbildung zum Fleischergesellen stieg Schmiedbauer als Betriebsleiter bei der Firma Wiesbauer Dunahús in Ungarn ein. Danach arbeitete er in der Verkaufsförderung und Verkaufsbetreuung in Deutschland, ehe er als Verkaufsleiter für Wiesbauer nach Wien zurückkehrte.

  • Dieses Interview ist die gekürzte Version eines Beitrags aus der Zeitschrift „Die Ernährung“, Volume 43, 6/2019. Die sechs Mal jährlich erscheinende Fachzeitschrift informiert über aktuelle Entwicklungen bei Lebensmitteln in den Bereichen Wissenschaft, Recht, Technologie und Wirtschaft. Das gesamte Gespräch sowie Informationen zum Abo finden Sie hier: ernaehrung-nutrition.at.
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