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Wer mit Lebensmitteln wirbt, unterliegt dabei strengen rechtlichen Vorgaben. Verschiedene Lebensmittelhersteller, Branchen und Verbände haben sich darüber hinaus freiwillig verpflichtet, Werbung für Nahrungsmittel und Getränke unter bestimmten Aspekten nicht oder nur eingeschränkt umzusetzen.
Dieses Konzept der Selbstregulierung verfolgt die österreichische Lebensmittelindustrie seit vielen Jahren. Beispiele dafür sind die Initiativen von Herstellern alkoholhaltiger Getränke. Gemeinsam mit dem Österreichischen Werberat erarbeiteten etwa der Verband der Brauereien sowie der Verband der Spirituosenindustrie eigene Verhaltensregeln. Nachzulesen sind diese im Kommunikationskodex der österreichischen Brauwirtschaft und im Kommunikationskodex der österreichischen Spirituosenindustrie.
Überwacht wird die Selbstbeschränkung der Werbetreibenden vom Österreichischen Werberat. Der von ihm erarbeitete Ethik-Kodex der Werbewirtschaft schützt die Konsumentinnen und Konsumenten vor missbräuchlicher Werbung. Sollten sie sich durch eine Werbemaßnahme belästigt, verletzt oder irregeführt fühlen, können sie eine Beschwerde beim Werberat einbringen. In den vergangenen Jahren wurden kaum Verstöße in Bezug auf die missbräuchliche Darstellung von Lebensmitteln gemeldet. Die meisten Beschwerden betrafen geschlechterdiskriminierende Werbung.
Sensible Verbrauchergruppen – wie Kinder und Jugendliche – müssen besonders vor Täuschung geschützt werden, da sie nicht immer in der Lage sind, zwischen kommerziellen und anderen Inhalten zu unterscheiden. In den vom Werberat herausgegebenen Do’s und Dont’s in der Werbung werden diese Gruppen speziell behandelt.
Seit 2010 verlangt das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz (AMG) Richtlinien für die Lebensmittelwerbung bei und in Kindersendungen in Österreich. Die heimischen Rundfunkveranstalter erarbeiteten dazu mit dem Fachverband Telekom/Rundfunk sowie der Lebensmittelindustrie einen Verhaltenskodex zu audiovisueller Kommunikation. Auch die Selbstregulierung der Brau- und Spirituosenindustrie zielt speziell auf den Schutz von Jugendlichen ab.
In einer freiwilligen Initiative haben sich außerdem führende Lebensmittelhersteller in Europa verpflichtet, an Kinder gerichtete Werbung einzuschränken. Der 2007 veröffentlichte, sogenannte EU Pledge umfasst Beschränkungen für die Lebensmittelwerbung, zum Beispiel in TV, Print, Radio und Internet sowie an Schulen. Die beteiligten Unternehmen decken zusammen mehr als 80 Prozent der Werbeausgaben für Lebensmittel und Getränke in der EU ab. Da die meisten der teilnehmenden Firmen auch in Österreich operativ tätig sind, entfaltet der EU Pledge seine Wirkung unmittelbar in Österreich.
Aufbauend auf den Rechtsvorschriften haben sich Lebensmittelverbände in Österreich und Europa freiwillig weitergehende Werbebeschränkungen auferlegt. Drei Beispiele:
Insbesondere für unangebrachte Werbung für bestimmte Lebensmittel im Umfeld von Kindersendungen und alkoholische Getränke sieht die EU-Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste (EU-AVMD-Richtlinie) ein System der Selbstregulierung vor. In den Mitgliedsstaaten sollen nationale Richtlinien – etwa Verhaltenskodizes – geschaffen werden, die spezielle Regeln für Werbung festlegen. Ein Teil dieser Vorgaben besteht bereits seit 2010 und findet sich in Österreich im Verhaltenskodex zu audiovisueller Kommunikation. Aufgrund einer Überarbeitung der Richtlinie gelten seit Herbst 2020 neue Anforderungen, die in Österreich gerade umgesetzt werden.
Konkret sieht die EU-AVMD-Richtlinie vor: Mittels eines Verhaltenskodex betreffend unangebrachter Werbung, die Kindersendungen begleitet oder darin enthalten ist und Lebensmittel mit hohem Fett-, Zucker- oder Salzgehalt betrifft, soll die Einwirkung solcher Werbung auf Kinder wirkungsvoll verringert werden. Auch für alkoholische Getränke soll ein entsprechender Verhaltenskodex erstellt werden, um die Einwirkung von Alkoholwerbung auf Minderjährige wirkungsvoll zu verringern.
Die audiovisuelle Medienwelt besteht längst nicht mehr nur aus Radio und Fernsehen, sondern immer mehr aus digitalen Kanälen. Diese sind insbesondere für Kinder und Jugendliche relevant. Der Vormarsch der digitalen Medien hat zur Novellierung der EU-AVMD-Richtlinie geführt. Die überarbeiteten Vorschriften gelten seit Herbst 2020 nicht mehr nur für Rundfunkanstalten, sondern erfassen auch Video-On-Demand- und Video-Sharing-Plattformen wie YouTube, Netflix oder Facebook. Diese Plattformen werden in bestimmten Bereichen vergleichbaren Standards unterworfen wie klassische Fernsehsender. Damit trägt der EU-Gesetzgeber der veränderten Mediennutzung gerade junger Europäerinnen und Europäer Rechnung.