Natürlicher Kreislauf: Auf dem Humus einer verrottenden Verpackung wächst eine Pflanze heran.

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Verantwortung

Kreislauf­wirtschaft braucht eine ganz­heitliche Sicht

Rohstoffe im Kreislauf halten, Ressourcen effizient nutzen und das Klima schützen: Diese Ziele verfolgt die Kreislaufwirtschaft. Was das für Lebensmittel- und Getränkeverpackungen in Österreich bedeutet, lesen Sie hier.

Vom Mehrwegbehälter aus Glas bis zur Getränkeflasche aus dem Material gesammelter PET-Flaschen: Wertvolle Rohstoffe aus Lebensmittel- und Getränkeverpackungen möglichst lange im Stoffkreislauf zu halten, wird immer wichtiger. Neben ökologischen Zielen muss die Kreislaufwirtschaft viele weitere Faktoren einbeziehen. Es gilt, die nachhaltig besten Lösungen für Umwelt und Wirtschaft sowie Konsumentinnen und Konsumenten zu entwickeln.

Kurz erklärt: Was ist Kreislaufwirtschaft?

Die Kreislaufwirtschaft (auch: Circular Economy) ist ein regeneratives System von Produktion und Verbrauch. Der Grundgedanke: Hat ein Produkt das Ende seiner Lebensdauer erreicht, so bleiben die Ressourcen und Materialien so lang wie möglich in einem geschlossenen Stoffkreislauf erhalten. Dabei kommt dem Recycling eine Schlüsselfunktion zu. Durch die Kreislaufwirtschaft werden Rohstoffe bestmöglich genutzt und Abfälle reduziert.

Weltweite und europäische Zielsetzungen

Bereits die 2015 verabschiedeten Sustainable Development Goals der UN peilten den Übergang von einer Linear- zu einer Kreislaufwirtschaft an. Der erste EU-Aktionsplan zur Anregung der Kreislaufwirtschaft wurde 2015 veröffentlicht. Darin waren 54 Maßnahmen vorgesehen. Sie zielten auf die Förderung des Übergangs zu einer europäischen Kreislaufwirtschaft ab und wurden von der EU-Kommission bis zum Jahr 2019 umgesetzt. Beispiele sind eine EU-Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft und die Entwicklung eines Überwachungsrahmens für die Kreislaufwirtschaft.

Im Juni 2019 trat zusätzlich die EU-Einwegkunststoff-Richtlinie (Single-Use Plastics Directive, SUP) in Kraft. Sie soll die Meere schützen, beim Vermeiden von Littering (Vermüllung) helfen und hochwertiges Kunststoffrecycling fördern. Am weitreichendsten sind die Vorgaben für Kunststoffverpackungen. Darüber hinaus wurden auch zahlreiche andere Einwegkunststoffprodukte – von Trinkhalmen bis zu Wattestäbchen – einbezogen.

Basierend auf den Ergebnissen des ersten Aktionsplans hat die EU-Kommission einen neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft für ein saubereres und wettbewerbsfähigeres Europa vorgelegt. Dieser zielt darauf ab, nachhaltige Produkte zur EU-weiten Norm zu machen. Der neue Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft bildet eine der Säulen des europäischen Grünen Deals und gilt als wichtiger Baustein für die Erreichung der Klimaneutralität der EU bis 2050.

Ende November 2022 hat die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine umfassende Erneuerung der europäischen Regelungen für Verpackungen und Verpackungsabfall vorgelegt. Der Entwurf für die Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR) zielt darauf ab, die Kreislaufwirtschaft zu fördern, die Menge von Verpackungen am Markt zu verringern und neue Verpackungsabfälle zu verhindern. Der Fokus liegt auf dem Recycling und dem vermehrten Einsatz von Rezyklaten, der Wiederverwendung und der Vermeidung von Verpackungen. Mit der Umsetzung der neuen Vorgaben ist aus heutiger Sicht ab 2024 zu rechnen.

Videotipp: Reparieren, wiederverwenden und recyceln

Fünf Tonnen Abfall pro Person und Jahr: Dieses Video des Europäischen Parlaments zeigt, warum die Kreislaufwirtschaft so wichtig ist. Video: Europäisches Parlament

Österreich: Mehrwegquoten und Einwegpfand beschlossen

Neue EU-Richtlinien zur Kreislaufwirtschaft müssen in österreichisches Recht umgesetzt werden. Im Herbst 2021 wurde dazu das Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) angepasst. Am 13. Oktober beschloss der Ministerrat die AWG-Novelle Kreislaufwirtschaftspaket. Die wichtigsten Eckpunkte: Ab 2024 gibt es in Österreich verbindliche Mehrwegquoten bei Getränkeverpackungen. Das bedeutet: Ab dann muss es in den größeren Supermarkt- und Diskontfilialen in allen Getränkekategorien – von Bier über Säfte und Mineralwasser bis zu Milch – wiederbefüllbare Gebinde geben.

Weiters wird in Österreich ein Einwegpfand auf Getränkeflaschen aus Kunststoff sowie Getränkedosen aus Metall eingeführt. Ab 2025 wird beim Kauf von Einweggetränkeverpackungen ein Pfand einbehalten. Die Kundinnen und Kunden bekommen dieses retourniert, sobald sie die Verpackung wieder zurück in das Geschäft bringen. Die Pfandverordnung für Einweggetränkeverpackungen trat am 26. September 2023 in Kraft. Zur Ausgestaltung des Pfandsystems wurde die Einwegpfand GmbH gegründet, die bereits ihre Arbeit aufgenommen hat. Ihr gehören etwa die Inverkehrbringer (Getränkeindustrie) und die Rücknehmer von Verpackungen (Lebensmittel-Einzelhandel) an.

Kreislaufwirtschaft und Recycling in Österreich

Schon heute liegt unser Land in Sachen Abfallwirtschaft und Recycling im EU-Spitzenfeld: Bereits 58 Prozent der Siedlungsabfälle werden recycelt, bei Verpackungen sind es zwei Drittel (66 Prozent). Durch die getrennte Verpackungssammlung sparen wir jährlich rund 540.000 Tonnen CO₂-Äquivalente ein. Für die Packstoffe Papier und Glas erfüllen wir bereits die EU-Ziele für 2030 und rangieren damit im EU-Spitzenfeld.

Nachholbedarf gibt es bei Kunststoffverpackungen. In Österreich fallen jährlich rund 300.000 Tonnen Kunststoffverpackungen als Abfall an – aktuell wird ein Viertel davon recycelt. Um das EU-Ziel einer 50-Prozent-Recyclingquote bis 2025 zu erfüllen, muss die Verwertung von Kunststoffverpackungen – quer über alle Branchen – von 75.000 Tonnen auf 150.000 Tonnen verdoppelt werden. Bis 2030 ist eine weitere Steigerung auf 55 Prozent erforderlich.

Bei getrennt gesammelten PET-Getränkeflaschen ist bis 2025 erstmals eine eigene Sammelquote von 77 Prozent vorgegeben. Und bis 2029 müssen neun von zehn PET-Flaschen gesammelt werden. PET-Getränkeflaschen machen lediglich rund 16 Prozent des gesamten Kunststoffverpackungsabfalls aus.

EU-Recyclingziele und Ist-Stand Österreich

Material

Österreich:
Recyclingquote

EU:
Recyclingquote Ziele 2025

EU:
Recyclingquote Ziele 2030

Alle Verpackungen

66 %

65 % (erfüllt)

70 %

Papier

84 %

75 % (erfüllt)

85 % (erfüllt)

Glas

84 %

70 % (erfüllt)

75 % (erfüllt)

Metalle

84 %

Fe-Metall*: 70 %

Alu: 50 %

Fe-Metall*: 80 %

Alu: 60 %

Kunststoffe

25 %

50 %

55 %

Bei den Packstoffen Papier, Glas und Metall ist Österreich bereits auf einem guten Weg. Bei Kunststoff muss die Recyclingquote noch erhöht werden. Quelle: Altstoff Recycling Austria AG (ARA): Transparenzbericht 2021.

* FE-Metall = eisenhaltige Metalle wie Eisen, Stahl, Kobalt oder Nickel

Das Ziel ist die optimale Gesamtlösung

Die Kreislaufwirtschaft ist in einem umfassenderen Kontext zu sehen. Bis 2030 muss Österreich 60 Prozent und bis 2035 in Summe 65 Prozent der Siedlungsabfälle recyceln – dazu fehlen aus heutiger Sicht noch rund 350.000 Tonnen, obwohl Österreich beim Recycling bereits im EU-Spitzenfeld liegt. Verpackungen von Lebensmitteln und Getränken machen einen vergleichsweise geringen Teil von den gesamten Siedlungsabfällen aus. Um ein zielführendes Modell umzusetzen, gilt es, ein Gesamtoptimum zu entwickeln: also eine wirtschaftlich vernünftige, ökologisch nachhaltige und gesellschaftlich akzeptierte Lösung.

Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen

Dazu müssen vielfältige Maßnahmen gesetzt werden. Ein wesentlicher Hebel ist die Vereinfachung der getrennten Sammlung von Verpackungen – beispielsweise in einem österreichweit einheitlichen Sammelsystem für Kunststoff- und Metallverpackungen. Seit 2023 werden in ganz Österreich alle Verpackungen aus Kunststoff zusammen mit Plastikflaschen und Getränkekartons in der Gelben Tonne oder dem Gelben Sack gesammelt. Ab 2025 sollen österreichweit auch Metallverpackungen dazukommen.

Gleichzeitig muss die Öffentlichkeitsarbeit intensiviert und das Bewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten für das Mülltrennen im Haushalt verstärkt werden. Auch moderne Systeme, wie digitale Incentive-Modelle, welche die bestehenden Sammelbehälter nützen, können einen Beitrag leisten, um die Sammelquote zu erhöhen. Dazu wurden Pilotprojekte entwickelt: Die von ARA (Altstoff Recycling Austria) und Saubermacher entwickelte Digi-Cycle-App belohnt Userinnen und User für richtiges Recycling mit Gutscheinen und Klimatickets, der Standortfinder unterstützt beim Auffinden der richtigen Sammelstelle. Ein weiteres Beispiel ist die RecycleMich-App. Sie soll die fachgerechte Entsorgung von Kunststoffverpackungen, Aludosen, Getränkekartons sowie Joghurtbechern fördern.

Dem Circular Packaging Design – also der Entwicklung ressourcenschonender und recyclingfähiger Verpackungen – kommt künftig noch ein viel größerer Stellenwert zu. Damit verbunden muss auch die Akzeptanz der Konsumentinnen und Konsumenten für Güter aus Sekundärrohstoffen erhöht werden. Bei der Kreislaufwirtschaft geht es um das große Ganze: Nur wenn alle unterschiedlichen Faktoren einbezogen werden, kann der nachhaltige Verpackungskreislauf – von Produktdesign bis zur Verwertung der enthaltenen Rohstoffe – in Schwung kommen.

Doch auch abseits des „Siedlungsmülls“ ist die Rückführung von Stoffen in den Kreislauf wichtig. Der globale Circularity Gap Report 2022 hat gezeigt: Erst 8,6 Prozent unseres gesamten weltweiten Ressourcenverbrauchs (Metalle, Mineralstoffe, Biomasse und fossile Energieträger) ist durch Recyclingrohstoffe gedeckt. Um das 2-Grad-Ziel des Pariser Weltklimaabkommens zu erreichen, muss die Kreislaufwirtschaft weiter ausgebaut werden.

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