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Um Lebensmittel in der gewohnten Menge, Qualität und Vielfalt anbieten zu können, muss die Lebensmittelindustrie vielfach auf Vorlieferungen von Rohwaren aus dem Ausland zurückgreifen. Das betrifft nicht nur Südfrüchte oder exotische Gewürze, sondern auch Waren, die sich in so gut wie jedem österreichischen Haushalt finden. Auch einige Agrarerzeugnisse und Halbfabrikate für den Frischmarkt und die Weiterverarbeitung müssen importiert werden. Kakao oder Kaffee zählen ebenso dazu wie Haselnüsse, Reis oder Fisch.
Für die Hersteller von Lebensmitteln und Getränken ist die Verfügbarkeit sicherer und qualitativer Rohstoffe essenziell. Neben der ausreichenden Menge spielt beim Rohstoffeinkauf eine Reihe von weiteren Faktoren eine Rolle. Dazu zählen etwa die Güte, der Preis, das Timing, die Logistik, aber auch die internationale Vernetzung. Die Lebensmittelindustrie ist der größte Abnehmer heimischer Agrarwaren. „Eine hundertprozentige Versorgung über das ganze Jahr mit qualitativen österreichischen Rohstoffen ist jedoch derzeit nur bei wenigen Produkten gegeben – etwa bei Kuhmilch, bestimmten Fleischarten oder Zucker“, erklärt Josef Domschitz vom Fachverband der Lebensmittelindustrie.
Agrarrohstoffe sind Rohstoffe, die aus landwirtschaftlicher Produktion stammen. Sie werden vor allem zur Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln eingesetzt. Beispiele sind Fleisch, Milch, Eier, Getreide, Obst oder Gemüse. Aber auch Ölpflanzen wie Raps und Soja beziehungsweise die aus ihnen gewonnenen Öle, Kakao und Kaffee, Reis, Kräuter und Gewürze sind wichtige Rohstoffe.
Im Jahr 2021 stiegen die Gesamtexporte Österreichs (Zollkapitel 1-99) um 16,1 Prozent. Der komplette Agrarbereich (Zollkapitel 1-24) legte im Export ebenfalls um 8,5 Prozent (+ 1,1 Milliarden Euro) auf 13,8 Milliarden Euro zu. Im gleichen Zeitraum steigerte die heimische Lebensmittelindustrie ihre Exporte (Zollkapitel 16-24) um 9,5 Prozent (+ 745 Millionen Euro) auf 8,6 Milliarden Euro und baute ihre traditionell deutlich positive Außenhandelsbilanz um 221 Millionen Euro auf 2,1 Milliarden Euro weiter aus. Mit anderen Worten: Es wurden auch 2021 wieder mehr Lebensmittel und Getränke exportiert als importiert. In Summe führten diese Entwicklungen im Agrarbereich zu einer negativen Außenhandelsbilanz von minus 44 Millionen Euro.
Bei der Aus- und Einfuhr von Agrarwaren werden diese nach sogenannten Zollkapiteln unterschieden.
In der Regel werden mehr pflanzliche und tierische Rohstoffe für Lebensmittel und Getränke importiert als exportiert. Der Grund ist, dass zahlreiche pflanzliche Erzeugnisse in Österreich nicht gedeihen, andererseits sind viele heimische Waren nicht in ausreichender Menge oder Qualität für die Lebensmittelproduktion verfügbar.
Agrarfläche ist ein generell knappes Gut und steht – gerade in Österreich mit seiner alpinen Landschaft – in Konkurrenz zur Wald-, Wohn- und Gewerbefläche. Um die Versorgung unseres Landes zu gewährleisten, müssen daher – so wie in vielen anderen Industriestaaten auch – landwirtschaftliche Rohwaren zusätzlich zum Angebot auf dem Heimmarkt auch auf internationalen Märkten besorgt beziehungsweise eingekauft werden. Darunter fallen fehlende Mengen und Qualitäten an heimischen Agrarwaren – wie Getreide, Fleisch, Eier, Butter, Obst oder Gemüse – sowie Agrarrohstoffe, die in Österreich nicht wachsen – wie Kakao, Haselnüsse, Südfrüchte, Gewürze, Tee oder Kaffee. Derzeit werden laut Statistik Austria Waren aus über 180 Ländern der Welt eingeführt.
Die österreichische Landwirtschaft kann den jährlichen Inlandsbedarf nur bei wenigen Agrarwaren komplett decken, etwa bei Zucker, Kuhmilch, Schweine- und Rindfleisch. Ein Blick in die Statistik gibt darüber Aufschluss (Quelle: Versorgungsbilanzen der Statistik Austria). Allerdings sind die Zahlen richtig zu interpretieren. Selbst bei einer theoretischen Selbstversorgung von über 100 Prozent können Importe notwendig sein. Warum das so ist, zeigen folgende Beispiele.
Auch aufgrund von Ernteausfällen (zum Beispiel durch Frost, Trockenheit oder Hagel), zur Auslastung der Produktionsstandorte oder um international wettbewerbsfähig zu sein, werden agrarische Rohstoffe aus anderen Märkten bezogen. Auch werden Agrarwaren in andere Länder exportiert. Dazu kommt, dass die Weltbevölkerung wächst und die Kaufkraft insbesondere in Schwellenländern steigt. Das erhöht international die Nachfrage nach Lebens- und Futtermitteln und führt zu einem schwankenden Angebot an Rohwaren.
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