Über Lebensmittel in der EU - wie hier unter anderem Bananen, Melanzani und Paprika - gibt es unzählige Mythen.

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Lebensmittel und die EU: Mythen im Check

Von der vorge­schriebenen Krüm­mung von Gurken bis zum Verbot von Pommes Frites: Rund um EU-Vor­schriften zu Lebens­mitteln kursieren zahlreiche Mythen. Doch was ist wirklich an den Behaupt­ungen dran? „Öster­reich isst informiert“ klärt auf.

Ob das angebliche Verbot von Zimtschnecken oder die Behauptung, man dürfe nicht mehr „Marmelade“ sagen: Über europäische Vorschriften für Lebensmittel kursieren unzählige Mythen. Dabei handelt es sich oft um Halbwahrheiten. In diesem Beitrag werden verbreitete Behauptungen über Lebensmittel in der EU einem Realitätscheck unterzogen.

Mythos eins: „Die EU gibt den Krümmungsgrad der Gurke vor“

Die von der EU vorgegebenen Qualitätsmerkmale für Gurken wurden 2009 abgeschafft.

Die von der EU vorgegebenen Qualitätsmerkmale für Gurken wurden 2009 abgeschafft. Foto: outsideclick / Pixabay

Die von der Europäischen Union vorgeschriebene Krümmung von Salatgurken wurde medial viel diskutiert. Die Initiative zur Festlegung von Qualitätsmerkmalen für Obst und Gemüse ging vom Handel aus. Der Grund: Möglichst einheitlich geformte Gurken konnten platzsparend verpackt und die Anzahl im Karton konnte einfacher berechnet werden. Daher wurden mit der Verordnung (EWG) Nr. 1677/1988 Qualitätsnormen für Gurken festgelegt. Auch Österreich hatte in den 1960er-Jahren ähnliche Vorgaben erlassen. Nicht zuletzt aufgrund der vielen Kritik hat die EU-Kommission 2009 die Einteilung von Gurken in Qualitätsklassen wieder abgeschafft. In der Praxis verwenden viele Großhändler die Vorgaben bis heute als interne Norm.

Mythos zwei: „Die EU will Pommes Frites und knuspriges Brot verbieten“

Es gibt kein Verbot der Europäischen Kommission von Pommes Frites. Es wurde lediglich die Zubereitung von Speisen geregelt, um einen allfälligen Acrylamidgehalt in zubereiteten Lebensmitteln zu senken.

Es gibt kein Verbot der Europäischen Kommission von Pommes Frites. Es wurde lediglich die Zubereitung von Speisen geregelt, um einen allfälligen Acrylamidgehalt in zubereiteten Lebensmitteln zu senken. Foto: matthiasboeckel / Pixabay

Beim Braten, Frittieren, Backen oder Rösten stärkehaltiger Lebensmittel – wie Brot, Kartoffeln, Kuchen oder Kaffee – bei hohen Temperaturen kann Acrylamid entstehen. Im Jahr 2015 bewertete die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), dass es sich dabei um einen krebserregenden Stoff handelt. Aufgrund dessen erließ die Europäische Kommission die Verordnung (EU) 2017/2158 zur Senkung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln. Damit werden weder Pommes Frites noch gerösteter Kaffee oder knusprige Backwaren verboten. Vielmehr geht es um eine schonende Zubereitung („vergolden statt verkohlen“) – die Speisen sollten nicht zu stark erhitzt und gebräunt werden.

Mythos drei: „Die EU schreibt das Rezept für Pizza Napoletana vor“

Mit EU-Qualitätssiegeln werden traditionelle Spezialitäten wie die „Pizza Napoletana“ vor Nachahmung geschützt.

Mit EU-Qualitätssiegeln werden traditionelle Spezialitäten wie die „Pizza Napoletana“ vor Nachahmung geschützt. Foto: u_ceb0xsd7 / Pixabay

Dass die Bezeichnung „Pizza Napoletana“ heute EU-weit geschützt ist, geht nicht auf eine „Verordnung von oben“, sondern auf die Initiative von Italien zurück. Denn mit der Aufnahme in das entsprechende EU-Register der Europäischen Kommission können traditionelle Spezialitäten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 vor Nachahmung geschützt werden. Neben der Pizza aus Neapel sind beispielsweise auch Spezialitäten wie österreichische Heumilch als „garantierte traditionelle Spezialität“ (g.t.S.) registriert. Trägt eine Pizza die Bezeichnung „Napoletana“ (oder eine daran angelegte Benennung), muss sie strenge Vorgaben erfüllen. Neben dem Durchmesser von maximal 35 Zentimetern ist beispielsweise auch die Höhe der Pizza sowie die Dicke des Teigrands definiert.

Mythos vier: „Brüssel will Zimtschnecken und Weihnachtskekse verbieten“

Der Anteil von in Zimt natürlich vorkommendem Cumarin darf 50 Milligramm pro Kilogramm in traditionellen beziehungsweise saisonalen Backwaren nicht überschreiten.

Der Anteil von in Zimt natürlich vorkommendem Cumarin darf 50 Milligramm pro Kilogramm in traditionellen beziehungsweise saisonalen Backwaren nicht überschreiten. Foto: LUM3N / Pixabay

Zimt enthält je nach Sorte mehr oder weniger natürliches Cumarin. Cassia-Zimt weist höhere Gehalte an Cumarin auf, während hingegen in Ceylon-Zimt geringe Mengen enthalten sind. Die EU hat weder Zimtschnecken noch Weihnachtskekse verboten, sondern für solche Produkte Höchstgehalte an Cumarin festgelegt. Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1334/2008 (Anhang III) über Aromen gilt für traditionelle und/oder saisonale Backwaren, bei denen Zimt in der Kennzeichnung angegeben ist, ein Höchstgehalt von 50 Milligramm pro Kilogramm. Weitere Höchstmengen wurden für Frühstücksgetreideerzeugnisse einschließlich Müsli (20 mg/kg), feine Backwaren – außer traditionelle bzw. saisonale Backwaren – (15 mg/kg) und Dessertspeisen (5 mg/kg) festgesetzt.

Mythos fünf: „Laut EU-Vorschriften dürfen wir nicht mehr Marmelade sagen“

Gläser mit „Konfitüre“: Beim direkten Verkauf durch den Produzenten zum Beispiel auf Bauern- oder Wochenmärkten dürfen diese weiterhin als „Marmelade“ gekennzeichnet werden. Foto: RitaE / Pixabay

Die Richtlinie 2001/113/EG definiert Begriffe wie „Konfitüre“ oder „Marmelade“. Die Umsetzung der EU-Richtlinie erfolgte in Österreich durch die Konfitürenverordnung 2004 (BGBl II Nr. 367/2004). Bei „Marmelade“ gemäß Definition handelt es sich um Produkte, die aus Zitrusfrüchten hergestellt werden. In Österreich wird umgangssprachlich unter „Marmelade“ jegliche Art von Fruchtmarmelade (zum Beispiel Marille) verstanden. Daher war die Aufregung über das Verbot, „Marmelade“ zu sagen, groß. In der österreichischen Konfitürenverordnung wurde folgende Ausnahme geregelt: Produzenten, die direkt an Letztverbraucherinnen und Letztverbraucher auf lokalen Märkten wie Bauern- oder Wochenmärkten verkaufen, dürfen statt „Konfitüre“ die Bezeichnung „Marmelade“ verwenden.

  • Die Europäische Union – Mythos und Wahrheit. Herausgegeben von der Europäischen Kommission. Auf: ex.europa.eu (abgerufen am 25. September 2020)
  • EU-Verordnungen für den Lebensmittelbereich. Herausgegeben vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Erschienen 2017. Auf verbrauchergesundheit.gv.at (abgerufen am 25. September 2020)
  • Legenden und Mythen rund um die Europäische Union. Herausgegeben von der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Erschienen 2017. Auf: wko.at (abgerufen am 25. September 2020)
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